Neun Tote und 18 Verletzte beim Biker-Krieg in Texas. Für Charles Falco ist das nicht weiter verwunderlich. Er kennt die Brutalität und das Verbrechertum, das sich hinter dem idealisierten Leben der «Easy Riders» verbirgt. Anstatt als Dealer hinter Gitter zu gehen, liess er sich von den Behörden als Undercover-Agent bei den drei gefährlichsten Gangs einschleusen.
Alle drei waren an dem Massaker am Sonntag beteiligt. Die «Outlaws» sind für ihn eine Kriegs-Maschine, die «Vagos» eine Mafia auf Rädern und die «Mongols» die brutalsten von allen. Fünf Jahre hat Falco für sie geprügelt, geschossen und misshandelt. «Es waren Mörder, Soziopathen und Meth-Köpfe», fasst er die Gemeinsamkeiten aller drei Gruppen zusammen.
Lehrjunge bei den Vagos
1990 war er im Auftrag der Drogenfahnder als «Lehrjunge» bei den «Vagos» im kalifornischen San Bernardino eingestiegen und hatte sich schnell einen Namen als «Schlagbolzen» gemacht. Weil er in den Bars alles niederschlug, was sich ihm in den Weg stellte. Aber den «Vagos» ging es nicht nur um Prügeleien. Es ging um Einfluss, Macht, um Schutzgeld, Drogen. Und wo Schläge nicht zum Ziel führten, auch um Morde.
«Es war ein Ritt auf der Rasierklinge. Ich musste immer aufpassen, dass ich nicht selbst ein Verbrechen beging. Denn dafür wäre auch ich in Gefängnis gegangen, obwohl ich am langen Arm meiner Auftraggeber, der Drogenpolizei, hing«, schreibt Charles Fargo.
Nach zweieinhalb Jahren steckte er so tief in der Hierarchie der «Vagos» drin, dass ihm der Boden zu heiss wurde. Bis dahin hatte er 25 seiner Rockerkollegen ans Messer geliefert. Sie sitzen teilweise noch heute noch wegen Mordes, Drogenhandels, Waffenbesitz, und Körperverletzung in Haft.
Er tauchte unter – und wieder auf
Falco tauchte in einem Zeugenschutzprogramm unter, aber fast zehn Jahre später wieder auf. Diesmal bei den «Mongols» an der US-Ostküste im Bundesstaat Virginia. „Die Strukturen dort waren nicht viel anders als damals bei den Vagos. Aber alles war noch viel, viel brutaler.» Die «Mongols» rekrutierten sich aus spanisch-sprechenden Strassengangs.
«Die Bodentruppen waren alles ganz junge Burschen. 18, 19, 20 Jahre alt. Denen machte es nichts aus, ins Gefängnis zu gehen. Im Gegenteil, sie waren stolz darauf.»
Einmal war Falco dabei, als sie ein Mitglied der verhassten «Hells Angels» in einem Pizzalokal fast zu Tode pügelten – «am helllichten Tag und vor den Augen vieler kleiner Kinder, die mit ihren Eltern zum Mittagessen zusammensassen.» Die «Angels» war die Todfeinde. «Egal, wer, wann oder wo – mit ihnen herrschte grausamer Krieg.»
Menschen zweiter Klasse
Frauen seien für «Mongols» Menschen zweiter Klasse – Eigentum der Männer. Schlimm genug, aber noch schlimmer seien die Freundinnen oder Ehepartnerinnen bei den «Outlaws» behandelt worden, bei denen Falco ab 2008 eingeschleust wurde: «Sie waren Sklavinnen, wurden regelmässig verprügelt und gedemütigt. Das war ein ungeschriebenes Gesetz – wer das nicht einhielt, wurde verachtet.»
Charles Falcos Bilanz bei den «Outlaws»: 27 Mitglieder wanderten durch seine Mithilfe in Gefaengnis. Heute lebt er unter Namen irgendwo im Mittleren Westen der USA, immer noch in Angst, entdeckt zu werden.
In seinem Buch («Vagos, Mongols & Outlaws, My Infiltration of America's Deadliest Biker Gangs.») schreibt er: «Zwar ist es in letzten Zeit ruhiger in der Rocker-Szene geworden. Aber das heisst nicht, dass die Gangs nicht mehr da sind.»
Die Ereignisse von Waco geben ihm recht.