Der Wasserhahn ist aufgedreht, aber es kommt nichts heraus: Rund 40'000 Menschen in Frankreich stehen am Ende eines zuletzt heissen Sommers ohne Trinkwasser da. Knapp 200 Kommunen gerade im Süden mussten zuletzt mit Tankwagen oder Mineralwasser in Flaschen versorgt werden, sagte Umweltminister Christophe Béchu kürzlich. Der Grundwasserstand ist in knapp zwei Dritteln der Gebiete niedriger als üblich und Béchu warnt: «Die Krise liegt noch nicht hinter uns.»
Auch Bauern und Winzer klagen über Wassermangel. Behörden reglementierten das Bewässern von Agrarflächen, Gärten und Sportstadien, das Befüllen von Swimmingpools ist tabu, Autowaschen ebenfalls. Ein Ringen um das knappe Lebensmittel und Wirtschaftsgut Wasser hat begonnen.
«All dies trägt deutlich die Handschrift des Klimawandels: Der Rückgang des verfügbaren, entnehmbaren Wassers hat begonnen, und zwar um 10 bis 40 Prozent», sagte der Minister gegenüber der Zeitung «Libération». Dies sei eine Folge des Temperaturanstiegs.
Mit einem Ende März vorgelegten Wasserplan wolle die Regierung gegensteuern. Bis 2030 sollen alle Sektoren zehn Prozent weniger Wasser nutzen. Das Sparen sei notwendig, weil durch den Klimawandel bis 2050 rund 30 bis 40 Prozent weniger Wasser zur Verfügung stehe. Ab einem bestimmten Verbrauch soll der Wasserpreis steigen und mehr Wasser als bisher soll wiederverwendet werden, der Anteil war in Frankreich bislang gering.
Im südlichen Departement Pyrénées-Orientales befürchtet der Winzerverband wegen der Trockenheit in diesen Wochen die schlimmste Weinlese der Geschichte. «30 oder 40 Prozent Verluste» drohten in den Weinbergen, sagte der örtliche Verbandspräsident David Drilles dem Sender France bleu. «Es ist dramatisch.»
Manche Weinbauern rechneten mit Einbussen von bis zu 80 Prozent. Der Regen und die Möglichkeit zur Bewässerung seien unzureichend gewesen. Und dort, wo Departements Restriktionen zum Beregnen von Agrarflächen angeordnet haben, schauen Beamte der Umweltpolizei bei den Landwirten vorbei und gucken, dass diese nicht zuviel Wasser aus dem Boden pumpen.
Für den Klimawandel und ein Wirtschaften mit weniger Wasser rüsten sich in Frankreich grosse Agrarbetriebe mit sogenannten «Mégabassines». Das sind Wasserrückhaltebecken von der Grösse etlicher Fussballfelder, in denen Regenwasser für Trockenphasen gesammelt wird. Umweltschützer laufen gegen die Megaprojekte Sturm und halten sie für unökologisch.
Eine Demonstration an der Baustelle eines Riesenbeckens in Sainte-Soline in Westfrankreich mit Tausenden Teilnehmern endete vor Monaten in einer gewaltsamen Auseinandersetzung mit der Polizei. Innenminister Gérald Darmanin sprach danach von «Öko-Terroristen». Ein Verbot der beteiligten Umweltbewegung durch die Regierung hob die Justiz vorläufig auf.
Die Fronten in diesem Wasserkrieg bleiben verhärtet. Bei einem mehrtägigen Protestmarsch aus der Provinz Richtung Paris verwüsteten Gegner der «Mégabassines» im August auch einen Golfplatz.
Der Vorwurf: Unmengen an Wasser seien im Sommer nötig, um die rund 700 Golfplätze in Frankreich im Sommer schön grün und bespielbar zu halten. Der Verband professioneller Golfplatzbetreiber hielt entgegen, der Wasserverbrauch der Plätze sei bereits reduziert worden, Trinkwasser werde nur in geringem Umfang zur Beregnung eingesetzt.
Schmerzlich treffen viele Menschen in Frankreich, einem der Länder mit den meisten privaten Swimmingpools in Europa, auch Verbote zum Auffüllen der Pools. Im Departement Pyrénées-Orientales im Süden wurde sogar der Verkauf von Aufstellpools verboten, eine Gemeinde im Süden untersagte auch für fünf Jahre unter Verweis auf den Wassermangel den Bau neuer Pools.
Die Folge ist nicht nur vermasselter Badespass: Die Beschränkungen täten auch der Schwimmbadbranche weh, klagte kürzlich der Fachverband FPP. Aufträge im Umfang von zwei Millionen Euro seien verloren gegangen. Allerdings führe der Klimawandel auch dazu, dass die Nachfrage nach privaten Swimmingpools inzwischen auch in der Nordhälfte des Landes steigt.
(SDA)