Umstrittener Brauch in Nepal
Mädchen (†16) wird wegen Menstruation verstossen und stirbt

Anita C. wurde während der Menstruation von ihrer Familie in eine einsame Hütte verbannt. Dort endete ein Schlangenbiss für sie tödlich. Hinter den Geschehnissen steckt ein jahrhundertealter Brauch, der in Nepal eigentlich längst verboten ist.
Publiziert: 12.08.2023 um 13:30 Uhr
|
Aktualisiert: 12.08.2023 um 15:43 Uhr
1/2
Anita C. wurde während ihrer Menstruation in eine kleine Hütte verbannt. Dahinter steckt der Brauch «Chhaupadi», wonach Frauen und Mädchen während der Menstruation unrein und unberührbar seien. (Symbolbild)
Foto: Twitter/THT

Sie starb am vergangenen Mittwoch ganz allein in einer kleinen Hütte an den Folgen eines Schlangenbisses. Der Grund: Anita C. (†16)* aus dem Westen Nepals wurde wegen ihrer Menstruation kurzzeitig von ihrer Familie verbannt, wie der «Guardian» berichtet.

Was hierzulande beinahe mittelalterlich klingt, ist in Nepal gang und gäbe. «Chhaupadi» heisst die Praxis, die auf dem jahrhundertealten Aberglauben basiert, dass Frauen und Mädchen während der Menstruation unrein und unberührbar seien.

«Periodenhütten» werden oft zur tödlichen Falle

Während der Periode ist es Mädchen und Frauen untersagt, an den normalen Familienaktivitäten teilzunehmen sowie andere Menschen und Haushaltsgegenstände zu berühren.

In einigen Fällen werden sie sogar für die Dauer der Periode in sogenannte «Periodenhütten» verbannt. Dies hat, wie im Falle von Anita C., oftmals bittere Folgen für die Frauen.

Denn die kleinen Hütten, die meistens aus Lehm oder Stroh gebaut werden, sind alles andere als sicher und setzen die Frauen gesundheitlichen und lebensbedrohlichen Risiken aus – beispielsweise extreme Temperaturen, Schlangenbisse oder Erstickung aufgrund schlechter Belüftung.

Auch Anita C. ist im Schlaf von einer giftigen Schlange gebissen worden. Wenige Stunden später ist die Teenagerin verstorben.

Trotz Verbot keine Verbesserung

Laut eines Berichts von DW sollen in den letzten 13 Jahren mindestens 15 Todesfälle von Frauen verzeichnet worden sein, die in solchen Hütten schliefen. Der Tod von Anita C. ist der erste gemeldete Todesfall seit 2019.

Die Problematik der «Periodenhütten» hat man in Nepal schon lange erkannt. Im Jahr 2005 verbot der Oberste Gerichtshof Nepals «Chhaupadi» und bezeichnete den Brauch als eine Menschenrechtsverletzung. Wer sich nicht daran hält, soll für drei Monate ins Gefängnis wandern. In Wirklichkeit werden die Massnahmen aber kaum umgesetzt. Wegen des in Teilen des Landes tief verwurzelten Aberglaubens und der Tabus in Bezug auf die Menstruation wird «Chhaupadi» nach wie vor in vielen Familien angewendet.

Aktivisten weisen deshalb immer wieder darauf hin, dass es wichtig sei, das Verhalten und die Einstellungen der Menschen bezüglich der Menstruation zu ändern, indem man sie fachgerecht darüber aufklärt und damit verbundene Mythen entkräftet. (ced)

* Name bekannt

Fehler gefunden? Jetzt melden