«Verharmlosung des Holocausts»
Israelische Botschaft kritisiert ukrainischen Pöbel-Botschafter

Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, verteidigte in einem Interview den früheren Nationalistenführer Stepan Bandera. Das kommt in Polen und bei der israelischen Botschaft gar nicht gut an. Und auch Kiew distanziert sich.
Publiziert: 01.07.2022 um 13:33 Uhr
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Aktualisiert: 01.07.2022 um 20:01 Uhr
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Andrij Melnyk hatte den früheren Nationalistenführer Stepan Bandera in einem Interview in Schutz genommen.
Foto: MICHAEL KAPPELER/dpa

Das ukrainische Aussenministerium hat sich von Äusserungen des Botschafters in Berlin, Andrij Melnyk (46), über den früheren Nationalistenführer Stepan Bandera (1909-1959) distanziert. Melnyk hatte in einem Interview den nationalistischen ukrainischen Politiker Bandera verteidigt.

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Wie eine Sprecherin der Botschaft in Berlin am Freitag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mitteilte, gehe man auf Distanz zu Melnyks Aussagen. Zur Begründung hiess es, ein Botschafter könne nicht die Erklärungen des eigenen Aussenministeriums kommentieren.

Melnyk beschimpft deutsche Promis als «Versager»

Das ukrainische Aussenministerium hatte zuvor auf seiner Webseite erklärt: «Die Meinung des ukrainischen Botschafters in Deutschland, Andrij Melnyk, die er in einem Interview mit einem deutschen Journalisten ausgedrückt hat, ist seine persönliche und gibt nicht die Position des ukrainischen Aussenministeriums wieder.»

Melnyk wollte die distanzierende Stellungnahme des Aussenministeriums in Kiew nicht kommentieren. Er ist in Deutschland auch durch Kritik an der Ukraine-Politik der Bundesregierung bekannt. Am Donnerstag hatte der Diplomat zahlreiche deutsche Prominente, die sich in einem Appell für einen Waffenstillstand im Ukraine-Krieg aussprachen, als «Haufen pseudo-intellektueller Versager» tituliert.

«Bandera war kein Massenmörder»

Melnyk hatte Bandera im Interview mit dem Journalisten Tilo Jung in Schutz genommen und gesagt: «Bandera war kein Massenmörder von Juden und Polen.» Dafür gebe es keine Belege.

Melnyk zufolge wurde die Figur Banderas gezielt von der Sowjetunion dämonisiert. Der Botschafter warf deutschen, polnischen und israelischen Historikern vor, dabei mitgespielt zu haben. «Ich bin dagegen, dass man all die Verbrechen Bandera in die Schuhe schiebt», sagte der Diplomat. «Es gibt keine Belege, dass Bandera-Truppen Hunderttausende Juden ermordet haben», zeigte sich Melnyk überzeugt. Als Botschafter ist Melnyk dem Aussenministerium unterstellt.

Entsetzen in Polen

In Polen waren Melnyks Äusserungen auf Kritik gestossen. Der polnische Vize-Aussenminister Marcin Przydacz sagte der Internetplattform Wirtualna Polska: «So eine Auffassung und solche Worte sind absolut inakzeptabel.» Auf die Frage, ob Polen eine Entschuldigung von Melnyk erwarte, sagte er: «Uns interessiert mehr die Position der ukrainischen Regierung als die von Einzelpersonen.» Da sich das ukrainische Aussenministerium von den Äusserungen Melnyks distanziert habe, reiche dies aus.

Auch die israelische Botschaft in Deutschland hat Melnyk eine Verharmlosung des Holocaust vorgeworfen. «Die Aussagen des ukrainischen Botschafters sind eine Verzerrung der historischen Tatsachen, eine Verharmlosung des Holocausts und eine Beleidigung derer, die von Bandera und seinen Leuten ermordet wurden», erklärte die israelische Botschaft in Berlin am Freitag auf Twitter. Melnyks Darlegungen «untergraben auch den mutigen Kampf des ukrainischen Volkes, nach demokratischen Werten und in Frieden zu leben».

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Bandera war ideologischer Führer des radikalen Flügels der Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN). Nationalistische Partisanen aus dem Westen der Ukraine waren 1943 hinter der Front im Zweiten Weltkrieg für ethnisch motivierte Massaker verantwortlich, bei denen Zehntausende polnische Zivilisten ermordet wurden. Bandera floh nach dem Zweiten Weltkrieg nach Deutschland. In der Sowjetunion wurde er in Abwesenheit zum Tode verurteilt. 1959 wurde er in München von einem Agenten des sowjetischen Geheimdienstes KGB ermordet. (SDA/dzc)

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