Auf einen Blick
- Am 29. September wählt Österreich ein neues Parlament
- FPÖ-Mann Herbert Kickl könnte Österreichs nächster Kanzler werden
- Kickl war früher Innenminister und wurde 2019 entlassen
Nach der AfD in Ostdeutschland dürfte bald auch die Freiheitspartei Österreichs triumphieren: Umfragen sagen voraus, dass die Rechtsaussen-Partei die Nationalratswahlen vom 29. September gewinnen wird. Somit sind die Chancen intakt, dass mit Bundesparteiobmann Herbert Kickl (55) ein rechtspopulistischer Kanzler unser Nachbarland regieren wird.
Kickl feiert ein glorioses Comeback, nachdem ihn der frühere Kanzler Sebastian Kurz (38, ÖVP) 2019 als Innenminister entlassen hatte – ein einmaliger Vorgang in der Geschichte der Zweiten Republik. Hintergrund des Rauswurfs war das ominöse Ibiza-Video, in dem Kickl zwar nicht erscheint, das aber die Verschleierung von Parteispenden aufdeckte. Kickl war damals laut Kurz für die «finanzielle Gebarung» der Partei verantwortlich.
Umfragen zeigen die Beliebtheit von Kickl. Könnten die Österreicher den Kanzler direkt bestimmen, würden laut oe24.at 29 Prozent Kickl wählen und nur 22 Prozent den amtierenden Karl Nehammer (51) von der ÖVP. «Österreich zuerst» oder «Österreich den Österreichern»: Solche Slogans ziehen.
Ehemaliger Schreiber von Haider und Strache
Kickl würde auch nicht einfach Kanzler sein, sondern «Volkskanzler», der fürs österreichische Volk da ist und nicht für die Eliten und Migranten. Als ehemaliger Redenschreiber und Plakatdichter von Jörg Haider (1950–2008) und Heinz-Christian Strache (55) formulierte Kickl auch Sprüche wie «Daham statt Islam» oder «Wir helfen zuerst dem eigenen Land – Rot-Schwarz hilft Bank und Spekulant». Als Innenminister führte er gegen Asylbewerber eine strikte Politik: schnelle Abschiebung, Ausgangssperren, Hürden für Familiennachzug.
Wegen seiner harten Hand und seiner fehlenden Distanz zu identitären Kreisen wird Kickl oft auch als rechtsextrem bezeichnet. Hauptthemen seines Wahlprogramms sind Migrationsstopp und Remigration sowie Freiheit und mehr direkte Demokratie.
Nähe zu Putin
Dank seiner Beliebtheit ist der Weg zum Kanzler zwar weit offen, aber doch steinig. Für eine Mehrheitsregierung bräuchte die FPÖ die ÖVP. Der amtierende ÖVP-Kanzler Karl Nehammer schloss bisher eine Zusammenarbeit mit Kickl aus, nicht aber mit der FPÖ. In einem Interview mit der «NZZ» warnt Nehammer vor Kickl und dessen «gefährlicher Politik». «Wir haben ihn falsch eingeschätzt. Als sein Nachfolger im Innenministerium habe ich gesehen, mit welcher Präzision er vorging, um dieses zu beschädigen.»
Zudem verbreite Kickl «das russische Narrativ zum Angriffskrieg gegen die Ukraine». Die FPÖ hatte unter der Führung Kickls 2016 einen Freundschaftsvertrag mit Putins Partei Geeintes Russland abgeschlossen. Heute heisst es vonseiten der FPÖ, der Vertrag sei ausgelaufen.
Vorbild Schweiz
Die Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle (55) von der Fachhochschule Kärnten sieht Kickls Schwächen in seiner «Verliebtheit in die Provokation» und seiner Verbohrtheit. Seine Stärke hingegen sei die Rhetorik. Stainer-Hämmerle sagt gegenüber Blick: «Es gelingt ihm, jedes Wording der anderen Parteien zu übernehmen und für sich zu verwenden. Er zeichnet in seinen Reden emotionale Bilder und weiss genau, wann seine Anhänger jubeln.»
Kickl nimmt sich die Schweiz mit der direkten Demokratie, der Neutralität, der Souveränität ohne EU und dem strengen Asylrecht in vielfacher Weise zum Vorbild. Stainer-Hämmerle: «Er würde sicher versuchen, die Bande enger zu knüpfen – ich weiss allerdings nicht, ob die Schweiz das will.»
Stainer-Hämmerle ist überzeugt: «Unter einem Kanzler Kickl würde sich Österreich isolieren. Unser Land würde zusammen mit Ungarn zum Aussenseiter der EU.»