In Russland ist die russisch-amerikanische Doppelbürgerin Xenia Karelina (32) wegen «Hochverrats» zu zwölf Jahren Strafkolonie verurteilt worden. Wie das Regionalgericht in der Stadt Jekaterinburg im Uralgebirge am Donnerstag mitteilte, wurde «Xenia Karelina des Hochverrats für schuldig befunden».
Die 2014 ausgewanderte Karelina muss zudem eine Geldstrafe von 300'000 Rubel zahlen, umgerechnet 2950 Franken. Ihr wurde vorgeworfen, an eine die Ukraine unterstützende Hilfsorganisation gespendet zu haben. Das Weisse Haus in Washington sprach von «rachsüchtiger Grausamkeit».
Laut der russischen Zeitung «Komsomolskaja Prawda» war Karelina am 2. Januar zum ersten Mal seit drei Jahren nach Russland zurückgekehrt, um ihre Eltern zu besuchen. Beim Grenzübertritt wurde ihr Handy beschlagnahmt. Später folgte im Ural die Verhaftung.
«Einfach nur lächerlich»
Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats der USA, John Kirby (61), sagte am Donnerstag vor Journalisten, es gehe nur um 50 Dollar, umgerechnet knapp 44 Franken, die Karelina gespendet haben soll, «um das Leid der ukrainischen Bevölkerung zu lindern». Er fügte hinzu: «Das als Verrat zu bezeichnen, ist einfach nur lächerlich.»
Karelina wurde vorgeworfen, das Geld an eine die Ukraine unterstützende Hilfsorganisation gespendet zu haben. Ihrem Anwalt zufolge will die 32-Jährige gegen Teile des Urteils in Berufung gehen.
Berichten russischer Staatsmedien zufolge hatte Karelina in der vergangenen Woche eingeräumt, die Spende getätigt zu haben. US-Medien berichteten unter Berufung auf Karelinas Angehörige und ihren Arbeitgeber, sie habe den Betrag kurz nach Beginn der russischen Offensive in der Ukraine im Februar 2022 an die in New York ansässige Organisation «Razom for Ukraine» gezahlt.
Handy ausspioniert
Russlands Geheimdienst FSB hatte ihr vorgeworfen, Geld für «medizinisches Material, Ausrüstung, Waffen und Munition für die ukrainischen Streitkräfte» gesammelt zu haben. Russische Medien berichteten, die Behörden könnten über die Auswertung ihres Telefons auf die Spende Karelinas aufmerksam geworden sein.
Die frühere Balletttänzerin, die in Los Angeles als Spa-Kosmetikerin lebte und arbeitete, war Ende Januar in Jekaterinburg während eines Familienbesuchs festgenommen worden. Die regionale russische Nachrichtenagentur Ura.ru berichtete zunächst, ihr sei «Fluchen in der Öffentlichkeit» vorgeworfen worden. Zusammen mit ihrem Vater soll sie betrunken auf der Strasse für Unruhe gesorgt haben, was Karelina dem unabhängigen russischen Nachrichtenportal Mediazona zufolge vor Gericht zurückwies.
Ursprünglich sei sie wegen «geringfügigen Rowdytums» für 14 Tage inhaftiert worden. Während ihrer Haft hätten die Behörden ihr dann «Hochverrat» vorgeworfen.
Verhaftungen als Druckmittel
Washington wirft Moskau vor, US-Bürger aufgrund unbegründeter Anschuldigungen zu verhaften, um sie als Druckmittel für die Freilassung von im Ausland verurteilten Russen zu benutzen.
Das Urteil gegen Karelina fiel zwei Wochen nach dem grössten Gefangenenaustausch zwischen Russland und dem Westen seit dem Kalten Krieg, bei dem Russland 15 Inhaftierte freiliess, unter ihnen der US-Reporter Evan Gershkovich (32) und mehrere russische Oppositionspolitiker.
Im Gegenzug wurden acht Gefangene und zwei Minderjährige nach Moskau ausgeflogen, unter ihnen der zuvor in Deutschland inhaftierte Tiergarten-Mörder Wadim Krassikow (59).