Der Waffenstillstand werde immer wieder gebrochen, die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) könne sich nicht frei bewegen, Aufklärungsdrohnen würden gestört, kritisierte Angela Merkel.
Ukrainische Regierungstruppen und prorussische Truppen in der Ostukraine verstossen immer wieder gegen den Waffenstillstand. Petro Poroschenko versicherte, sein Land halte die Verpflichtungen ein und werde das auch in Zukunft tun.
Der russische Präsident Wladimir Putin war zu dem Treffen in Berlin nicht eingeladen. Der russische Aussenminister Sergej Lawrow rief Merkel auf, Druck auf Poroschenko auszuüben, um ihn zur Umsetzung der Vereinbarungen von Minsk zu bewegen. Er warnte der Agentur Interfax zufolge, der Ruf Deutschlands und Frankreichs als Vermittler stehe auf dem Spiel. Merkel und François Hollande hätten die Minsker Vereinbarungen mitgetragen.
Merkel verteidigte das Dreier-Treffen. Sie erklärte, es sei darum gegangen, «aus ukrainischer Perspektive» Fragen vertieft zu besprechen. «Sie können davon ausgehen, dass es gleichrangige Kontakte mit dem russischen Präsidenten gibt», betonte die Kanzlerin. Und: «Ich schliesse auch nicht aus, dass man sich wieder zu viert trifft.» Das bezeichnete auch Hollande als wichtig.
Merkel forderte, die Arbeitsfähigkeit der OSZE müsse «vollumfänglich» hergestellt werden. Hollande sagte, die in Minsk vereinbarten Regeln würden noch nicht respektiert. Das Abkommen von Minsk sei aber die Grundlage für den weiteren Prozess.
Poroschenko seinerseits sagte: «Wir sind davon überzeugt, dass der Minsker Prozess ein absolut universelles Instrument ist. Das heisst sofortige Waffenruhe, Abzug schwerer Waffen, behinderungsfreie Arbeit der Experten der OSZE.» Der politische und wirtschaftliche Reformprozess werde weitergeführt. Hollande lobte Kiews Reformanstrengungen.
Der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck hatte Poroschenko in einem Gespräch erneut deutsche Unterstützung bei der Suche nach einer friedlichen Lösung des Ukraine-Konflikts zugesagt.
Unterdessen brachte der polnische Präsident Andrzej Duda eine Erweiterung des Krisenformats zur Ukraine um die USA und die EU ins Gespräch. Er sagte in der Nacht zum Montag an Bord einer Regierungsmaschine, die USA könnten «als Weltmacht, mit der Russland rechnen muss», durchaus ebenfalls an den Gesprächen teilnehmen.
Poroschenko hatte zuvor in Kiew am 24. Jahrestag der Unabhängigkeit seines Landes von der Sowjetunion eindringlich vor einem russischen Einmarsch gewarnt. In einer Rede zum Nationalfeiertag warf er Moskau vor, die Idee eines direkten Angriffs auf die Ukraine weiter zu verfolgen.
Die Ukraine hatte sich am 23. August 1991 für unabhängig erklärt. Zum Nationalfeiertag fand auf dem zentralen Maidan-Platz in Kiew eine grosse Militärparade statt. Poroschenko liess mehr als 2000 Soldaten von der ostukrainischen Kriegsfront aufmarschieren.
Er sagte, Russland habe an der Grenze zur Ukraine mehr als 50'000 Soldaten stationiert. Im Kriegsgebiet Donbass seien 40'000 Kämpfer im Einsatz, darunter 9000 aktive russische Militärangehörige. Russland weist das zurück.
Weiter sagte Poroschenko, Moskau habe den Kämpfern bis zu 500 Panzer, 400 Artilleriesysteme und 950 Schützenpanzer geliefert. Allein in dieser Woche hätten drei grosse Kolonnen die ukrainische Grenze in Richtung Luhansk, Donezk und Debalzewe überschritten. Der Präsident kündigte eine weitere Stärkung des eigenen Militärs an.