Der Tweet an sich war wenig spektakulär. «Heute, am 9. Februar, ist Welt-Rauchstopp-Tag. Reisst euch zusammen und gebt euch keiner Zigarette hin», hiess es in der gestern über den offiziellen Account des türkischen Präsidenten abgesetzten Nachricht.
Doch die drei Buchstaben ganz am Ende des 108-Zeichen-Tweets liessen einige Leser aufhorchen: «RTE» stand da, die Initialen des türkischen Staatsoberhaupts. Sie signalisierten: Diesen Tweet hat nicht das PR-Büro Erdogans, sondern der Präsident höchstpersönlich verfasst. Eine Premiere - und gleichzeitig Hinweis auf einen überraschenden Sinneswandel.
Twitter sei ein «Messer in der Hand eines Mörders»
Denn Recep Tayyip Erdogan gab sich bisher als erbitterter Feind des Kurznachrichtendienstes und anderer Social-Media-Portale. Noch vor weniger als einem Jahr hatte er Twitter in seinem Land sperren lassen, nachdem Regierungskritiker den Social-Media-Kanal zur Verbreitung von Korruptionsvorwürfen genutzt hatten. Das Verwaltungsgericht in Ankara hob den Beschluss wenige Tage danach allerdings wieder auf.
Vergangenen Sommer bezeichnete Erdogan Twitter ausserdem als «Messer in der Hand eines Mörders». «Ich mag es nicht, zu twittern», sagte er. Zu einem anderen Zeitpunkt liess er verlauten, alle sozialen Netzwerke «auslöschen» zu wollen.
Erster Nachricht 20'000-mal retweetet
Nun hat er seine Meinung ganz offensichtlich geändert. Zwar deutet die Tatsache, dass er noch immer nur den offiziellen Accounts der türkischen Regierung (einmal auf Türkisch, einmal auf Englisch) folgt, darauf hin, dass er noch immer nicht richtig warm mit dem Kurznachrichtendienst geworden ist. Aber zumindest scheint er das PR-Potential von Twitter erkannt zu haben. Knapp 20'000-mal wurde sein Anti-Raucher-Tweet bis um Mitternacht retweetet, die englische Version immerhin 3200-mal.
Dabei soll es sich nicht um eine einmalige Angelegenheit gehandelt haben. Nun, da der Account verifiziert worden sei, werde Erdogan ihn nutzen, zitiert «Hürriyet» seinen Sprecher Mucahit Kucukyilmaz. Zwar würden seine Mitarbeiter weiterhin über seinen Account Nachrichten verbreiten. Unter dem Kürzel «RTE» sollen in Zukunft aber weitere vom Staatsoberhaupt höchstpersönlich verfasste Tweets zu lesen sein. (lha)