Alain Juppé und François Fillon, die beiden verbliebenen Kandidaten der französischen Konservativen für die Präsidentenwahl 2017, haben sich im Fernsehen einen Schlagabtausch geliefert. Der Ton war sachlich und nicht von Polemik geprägt.
Die beiden früheren Premierminister debattierten am Donnerstagabend zunächst über die Wirtschafts- und Sozialpolitik und nötige Reformen in der zweitgrössten Volkswirtschaft der Eurozone.
Fillon will unter anderem 500'000 Stellen im öffentlichen Dienst streichen und die Staatskassen um 100 Milliarden Euro entlasten. Zudem strebt er eine umfassende Reform des Gesundheitssystems an und setzt dabei auf mehr private Vorsorge.
«Es ist wahr, mein Projekt ist radikaler», sagte der 62-jährige Fillon. Er geht als Favorit in die Stichwahl an diesem Sonntag.
Der als gemässigt geltende 71-jährige Juppé sagte, auch er wolle Reformen - aber «ohne Brutalität». Es sei unrealistisch, 500'000 Beamte zu entlassen. Juppé selbst will nur halb so viele Stellen im Staatsdienst streichen und setzt die möglichen Einsparungen im Haushalt etwas niedriger an.
Fillon warf Juppé im Gegenzug zu grosse Zaghaftigkeit vor: «Alain Juppé will nicht wirklich etwas ändern. Wenn man will, das das Land wieder auf die Beine kommt, müssen sich alle anstrengen», betonte er. Juppé entgegnete, er wolle das bestehende Sozialmodell verbessern und nicht «zerstören».
Scharfe Kritik an Hollande
Beide Politiker übten scharfe Kritik an Amtsinhaber François Hollande. Der Sozialist habe sein Versprechen gebrochen, die Arbeitslosigkeit deutlich zu senken.
Beide Politiker der Republikanischen Partei setzen auf eine Abkehr von der 35-Stunden-Woche und eine Anhebung des Renteneintrittsalters von 62 auf 65 Jahre. Fillon hat zudem Steuererleichterungen für Unternehmen in Aussicht gestellt. Juppé versprach insbesondere, die hohe Jugendarbeitslosigkeit zu senken, die über 20 Prozent beträgt.
Russland-Politik neu ausrichten
Thema bei der Debatte war auch Russland, da Fillon als russlandfreundlich gilt und sich für ein Ende der europäischen Sanktionen gegen das Land aussprach. Die westliche Sanktionspolitik sei «gescheitert». «Sie hat nichts gebracht ausser die europäischen Landwirte zu ruinieren», sagte er mit Blick auf die russischen Einfuhrbeschränkungen für westliche Agrargüter.
Im Konflikt um die Ostukraine habe auch die Regierung in Kiew eine Bringschuld, sagte Fillon weiter. Auch im Syrien-Konflikt wolle er eng mit Russland zusammenarbeiten.
Juppé sagte dagegen, er sei gegen eine Annäherung an den russischen Präsidenten Wladimir Putin. «Putin hört nicht auf, vom Kalten Krieg zu reden», sagte er. Er werde ihm im Falle eines Wahlsiegs deutlich machen, dass er das Friedensabkommen von Minsk umsetzen müsse und die Annektion der Krim inakzeptabel sei.
Juppé kritisierte Fillon auch für dessen guten persönliche Beziehungen zu Putin. «Das ist das erste Mal, dass der russische Staatschef seinen Kandidaten ... in einer französischen politischen Wahl aussucht», kritisierte Juppé.
Die Präsidentenwahlen sind im April und Mai kommenden Jahres geplant. Der konservative Kandidat dürfte dannzumal in die Stichwahl gegen die Rechtsextreme Marine Le Pen ziehen und hätte dann laut Umfragen sehr gute Siegchancen. Der unbeliebte sozialistische Amtsinhaber François Hollande gilt als chancenlos. Er will im Dezember bekanntgeben, ob er für eine Wiederwahl antritt. (SDA)