Angeklagt sind insgesamt 17 Mitarbeiter des regierungskritischen Blattes: Elf der zwölf «Cumhuriyet»-Mitarbeiter in Untersuchungshaft, fünf weitere Mitarbeiter der Zeitung sowie deren ehemaliger Chefredaktor Can Dündar. Dündar lebt im Exil in Deutschland.
Unter den Angeklagten sind auch der derzeitige Chefredaktor Murat Sabuncu, «Cumhuriyet»-Herausgeber Akin Atalay und der bekannte Investigativjournalist Ahmet Sik.
Nach Angaben von Reporter ohne Grenzen (ROG) drohen den Angeklagten bis zu 43 Jahre Haft. ROG-Geschäftsführer Christian Mihr nannte die Vorwürfe «absurd». Mihr sagte der Nachrichtenagentur dpa in Istanbul, der Prozess richte sich nicht nur gegen die Angeklagten und die Zeitung, sondern gegen die Pressefreiheit insgesamt.
Konkret wird den derzeitigen und früheren Mitarbeitern der Zeitung nach Angaben ihrer Anwälte Unterstützung von Terrororganisationen wie der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK, der linksextremen DHKP-C oder der Gülen-Bewegung vorgeworfen. Die türkische Führung macht die Bewegung des in den USA lebenden Predigers Fethullah Gülen für den Putschversuch vom 15. Juli 2016 verantwortlich.
Mehrere Organisationen wiesen die Terrorvorwürfe als «politisch motiviert» zurück und kündigten an, den Prozess zu beobachten. Vertreter der Gruppen demonstrierten vor Prozessbeginn am Montag vor dem Gerichtsgebäude.
In der Anklageschrift wird Dündar unter anderem beschuldigt, die Blattlinie geändert zu haben. Die Zeitung habe unter seiner Führung die «Terrororganisationen» PKK, die Gülen-Bewegung und die DHKP-C verteidigt, heisst es.
Als Indizien werden unter anderem Artikel angeführt. Etwa ein Bericht aus dem Jahr 2015, in dem die «Cumhuriyet» geheime Informationen veröffentlichte, die Waffenlieferungen der Regierung an Rebellen in Syrien belegen sollen.
Dafür wurden Dündar und der Hauptstadtbüroleiter Erdem Gül in einem anderen Verfahren schon zu mehrjährigen Haftstrafen wegen Geheimnisverrats verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Auch Twitter-Nachrichten der Journalisten werden in der Anklage aufgeführt. Im Fall des Investigativ-Journalisten Sik etwa mehrere, die den Konflikt zwischen der Regierung in Ankara und der PKK im Südosten des Landes thematisieren.
Reporter ohne Grenzen, die Europäische Journalistenvereinigung, Pen International, das International Press Institute und das Europäische Zentrum für Presse- und Medienfreiheit kritisierten, in keinem Land der Welt seien mehr Journalisten hinter Gittern als in der Türkei.
Nach Angaben der Europäischen Journalistenvereinigung sind dort inzwischen mehr als 150 Journalisten inhaftiert. Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen liegt die Türkei auf Platz 155 von 180.