Die Armee bombardierte mutmassliche PKK-Stellungen im Kurdengebiet im Südosten des Landes. 17 Positionen der kurdischen Rebellen seien in der Provinz Hakkari «neutralisiert» worden, teilte die Armee mit. Bei den Luftangriffen handelte es sich offenbar um Vergeltung für eine Serie von Angriffen, bei denen am Montag in Istanbul und dem Südosten der Türkei fünf Polizisten und zwei Soldaten getötet worden waren.
In der Nacht zum Montag hatte ein Selbstmordattentäter zunächst eine Polizeiwache im Istanbuler Stadtteil Sultanbeyli angegriffen. Bei einem anschliessenden Feuergefecht waren ein Polizist und zwei weitere Angreifer getötet worden. Zum Angriff bekannte sich die PKK am Dienstag.
Zudem hatten Bewaffnete das US-Konsulat im Viertel Istinye im europäischen Teil von Istanbul an. Eine der beiden Angreiferinnen wurde kurze Zeit später verletzt festgenommen.
Die marxistische DHKP-C, die bereits 2013 einen Selbstmordanschlag auf die US-Botschaft in Ankara verübt hatte, bekannte sich zu dieser Tat. Die PKK-nahe Gruppe erklärte, der Kampf gegen den «Imperialismus und seine Kollaborateure» werde fortgesetzt.
Die türkische Regierung hatte vor rund zwei Wochen nach einem Selbstmordanschlag der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in der Grenzstadt Suruç einen «Krieg gegen den Terror» gestartet, der sich sowohl gegen die IS-Miliz als auch gegen die kurdische Rebellengruppe PKK richtet.
Seitdem flog die Luftwaffe dutzende Angriffe auf PKK-Stellungen im Südosten der Türkei und im Nordirak, aber nur drei Angriffe auf IS-Positionen in Syrien.
Erdogan sagte am Dienstag in seiner Fernsehansprache, die Lufteinsätze gegen die PKK hätten der Gruppe bereits «ernste Verluste» zugefügt. Zudem führe die Armee «effektive Einsätze» gegen den IS. «Für uns gibt es keinen Unterschied zwischen terroristischen Organisationen», beteuerte er. «Was immer ihr Ziel ist - für uns ist eine terroristische Organisation eine Terrororganisation.»
Die PKK stellte am Dienstag Bedingungen für eine Rückkehr zu einer 2013 geschlossenen Waffenruhe. Wie türkische Medien berichteten, forderte die Union der Gemeinschaften Kurdistans (KCK), eine politische Organisation der PKK, die unabhängige Überwachung einer neuen Waffenruhe und die Freilassung politischer Gefangener.
Ausserdem dürfe die Armee die Waffenruhe nicht nutzen, um ihre Präsenz in den Kurdengebieten zu verstärken, erklärte die KCK.
Erdogan erklärte, der Friedensprozess mit den Kurden sei derzeit auf Eis gelegt. Die Kurdenführung habe die Bemühungen der Regierung um eine Beilegung des Konflikts nicht zu würdigen gewusst: «Leider haben sie nicht verstanden, was für sie getan wird.»
Die Eskalation der Gewalt fällt mit einer politischen Krise in der Türkei zusammen. Auch zwei Monate nach der Parlamentswahl, bei der Erdogans islamisch-konservative Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) ihre absolute Mehrheit verlor, gibt es keine neue Regierung.
Kritiker werfen dem Präsidenten vor, Neuwahlen provozieren zu wollen in der Hoffnung, dabei doch noch die nötige Mehrheit für seine Pläne zur Ausweitung der Macht des Präsidenten zu erhalten.
Ministerpräsident Ahmet Davutoglu von der AKP und der Vorsitzende der kemalistischen, säkularen CHP, Kemal Kilicdaroglu, sprachen am Montagabend erstmals über die Bildung einer Regierungskoalition. Teilnehmer erklärten anschliessend, beide Seiten bemühten sich um einen «Konsens». In vielen Bereichen sei bereits Einigkeit erzielt worden, ein weiteres Treffen diese Woche sei geplant.