Erdogan macht Wahlkampf in Sarajevo
Auslandstürken sollen «Rekordzahl an Stimmen» abgeben

Gut einen Monat vor den Wahlen in der Türkei hat Präsident Recep Tayyip Erdogan in Sarajevo die Türken im Ausland um massenhafte Unterstützung gebeten.
Publiziert: 20.05.2018 um 22:37 Uhr
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Aktualisiert: 13.09.2018 um 02:45 Uhr

Die Menge schwenkte türkische Fahnen und rief «Allahu Akbar» und «Sultan Erdogan». Begleitet wurde Erdogan bei seinem Auftritt in der grössten Sporthalle Sarajevos von Bakir Izetbegovic, dem muslimischen Vertreter im dreiköpfigen bosnischen Staatspräsidium.

«Seid Ihr bereit, den Terrororganisationen und ihren lokalen und ausländischen Handlangern eine osmanische Ohrfeige zu verpassen?», sagte Erdogan am Sonntag vor Tausenden jubelnden Auslandtürken in Sarajevo, der Hauptstadt von Bosnien-Herzegowina.

«Seid Ihr bereit, mich mit einer Rekordzahl an Stimmen in der Präsidentenwahl zu unterstützen?» Bei den Präsidenten- und Parlamentswahlen am 24. Juni gehe es um eine Entscheidung «für das nächste Jahrhundert unseres Landes».

Wie ein Messias wurde der türkische Präsident Erdogan an der Wahlveranstaltung in eigener Sache in Sarajevo gefeiert - immerhin im europäischen Ausland, in der Hauptstadt von Bosnien-Herzegowina.
Foto: KEYSTONE/EPA/FEHIM DEMIR

Direkte Aufforderung an Auslandtürken

Nach Angaben der Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD) waren rund 10'000 Auslandtürken nach Sarajevo gereist, etwa die Hälfte davon aus Deutschland. Die UETD hatte den bislang einzigen geplanten Wahlkampfauftritt Erdogans im europäischen Ausland organisiert.

Erdogan sagte: «Seid Ihr bereit, der ganzen Welt die Stärke der europäischen Türken zu demonstrieren?» Er forderte die Auslandtürken auf: «Gebt von Deutschland, Belgien, Österreich, den Niederlanden aus eine Antwort, die überall in Europa gehört werden kann.»

Erdogan rief seine Anhänger im Ausland dazu auf, dort ihren Einfluss auszudehnen. «Nehmt unbedingt die Staatsangehörigkeit der Länder an, in denen ihr lebt», sagte er. «Ich bitte Euch, dass Ihr eine aktive Rolle in den politischen Parteien in den Ländern übernehmt, in denen Ihr lebt. Ihr solltet ein Teil dieser Parlamente sein, nicht diejenigen, die ihr Land verraten.»

Kritik nach Auftritt

Erdogans Wahlkampfauftritt in Sarajevo führte zu heftigem Streit in Bosnien-Herzegowina. Er habe von der Wahlveranstaltung nur aus den Medien erfahren, sagte das kroatische Mitglied im dreiköpfigen Staatspräsidium, Dragan Covic, dem Zagreber Fernsehsender HRT am Sonntag. Der Besuch füge dem in die EU strebenden kleinen Balkanland grossen strategischen Schaden zu.

Länder wie Deutschland und die Niederlande hatten Wahlkampf für die am 24. Juni geplanten türkischen Parlaments- und Präsidentenwahlen verboten.

Die Türkei hatte den für Sonntag geplanten Auftritt Erdogans über Izetbegovic, das muslimische Mitglied im bosnischen Staatspräsidium, organisiert. Izetbegovic, der sich als enger Freund des türkischen Präsidenten bezeichnet, hatte am Vortag die Türkei als Investor und Verbündeten gelobt.

«Nazi-Methoden» vorgeworfen

Demgegenüber kritisierte der zweitwichtigste Muslimführer Fahrudin Radoncic im Fernsehsender N1 den Wahlkampf in Sarajevo. Erdogan gehe es um «eine Demonstration für Westeuropa: Seht mal, hier auf dem Balkan kann ich sein».

Im vergangenen Frühjahr hatten geplante Wahlkampfauftritte von türkischen Regierungsvertretern in Deutschland vor dem Verfassungsreferendum in der Türkei zu heftigem Streit zwischen Berlin und Ankara geführt. Erdogan hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel wegen verhinderter Auftritte «Nazi-Methoden» vorgeworfen.

Im vergangenen Juni erliess die deutsche Regierung dann ein generelles Auftrittsverbot für ausländische Amtsträger aus Nicht-EU-Staaten, das drei Monate vor einer Wahl in deren Land gilt. (SDA)

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