Wie das Nachrichtenmagazin «Spiegel» unter Berufung auf geheime Dokumente berichtet, verlangt der türkische Geheimdienst MIT, der BND solle auf Entscheidungsträger und Gesetzgeber in Deutschland einwirken, gegen die Anhänger des Islam-Predigers Fethullah Gülen vorzugehen und diese auszuliefern. Der BND wollte sich zu dem «Spiegel»-Bericht nicht äussern.
Die türkischen Behörden schickten laut «Spiegel» zwischen dem 15. Juli und dem 17. August 40 Fahndungs- und drei Auslieferungsersuchen an die deutsche Regierung in Berlin sowie drei Ersuchen in anderen Rechtshilfeangelegenheiten. Derart viele Anfragen aus der Türkei kommen sonst nicht.
Belege für die Verantwortung Gülens für den versuchten Militärputsch ist der türkische Präsident Erdogan bislang schuldig geblieben. Gülen bestreitet die Vorwürfe. Gleichwohl versucht seine Regierung seit Wochen, Deutschland und andere Staaten für einen harten Kurs gegen die Gülen-Bewegung zu gewinnen.
Von den USA fordert die Türkei bislang vergeblich die Auslieferung von Gülen, der in Pennsylvania lebt. Ministerpräsident Binali Yildirim verlangte am Samstag, Gülen solle in zeitweisen Arrest genommen werden. US-Vizepräsident Joe Biden und Aussenminister John Kerry werden türkischen Angaben zufolge am Mittwoch die Türkei besuchen.
Der Gesandte der türkischen Botschaft in Berlin, Ufuk Gezer, habe im Auswärtigen Amt mehrmals vor Gülen gewarnt, berichtete der «Spiegel».
In elf Bundesländern, darunter Nordrhein-Westfalen, Hessen und Sachsen, seien Diplomaten an die Landesregierungen herangetreten, um für ein gemeinsames Vorgehen zu werben. Alle Länder hätten die Forderung, die Gülen-Bewegung vom Verfassungsschutz, dem deutschen Inlandsgeheimdienst, beobachten zu lassen, jedoch abgelehnt.
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller und Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann haben bereits offen von Einflussnahmeversuchen der Türkei berichtet. Nach Angaben Müllers fragte ein türkischer Regierungsvertreter in Berlin an, ob die Landesregierung zu Schritten gegen die Gülen-Bewegung bereit sei. Dabei sei es speziell um Bildungseinrichtungen gegangen.
In Stuttgart forderte der türkische Generalkonsul die Landesregierung laut Kretschmann auf, Vereine, Einrichtungen und Schulen, die nach Meinung der türkischen Regierung von der Gülen-Bewegung «betrieben» werden, einer Prüfung zu unterziehen. Der Ministerpräsident wies das zurück.