US-Präsident Donald Trump (74) hat am Montag zur Eröffnung des Parteitages seiner Republikaner behauptet, dass die Demokraten die Wahlen mit Briefwahl zu «stehlen» versuchen. Trump erhob die Vorwürfe in einer Überraschungsrede aus dem Stegreif, die fast eine Stunde dauerte. Er sprach vom «grössten Betrug in der Geschichte der Politik».
Eine Woche nach den Demokraten halten die Republikaner in Charlotte, North Carolina, ihren viertägigen Parteitag ab. Dabei wurden Trump und sein Vize Mike Pence (61) von ihrer Partei gleich auch formell für den Wahltag nominiert.
Trump liess sich die Gunst der Stunde nicht nehmen und schien guter Laune. Die Massen, wie er sie liebt, fehlten. Doch Redegelegenheiten in Zeiten von Corona sind selten. Schon zur Eröffnung des Parteitages reiste er gleich an Bord von Air Force One an.
Trump sieht sich «massiv» vor Biden
In Charlotte dürfen ihm jedoch nur einige hundert Delegierte zujubeln. Der grösste Teil der Konvention muss virtuell stattfinden. Journalisten und sonstige Besucher sind infolge Schutzmassnahmen gegen das Coronavirus vom Anlass ausgeschlossen.
Doch auch die ungewohnt leeren Rängen und soziale Distanz zwischen ihm und dem dünnen Publikum trübten Trumps Laune nicht. In Umfragen liege er nicht nur bezüglich der Wirtschaft «massiv» vor seinem Herausforderer Joe Biden (77). Gerade was auch «Begeisterung» betreffe, da liege er massiv vorn. Biden habe «nie irgendwelche Begeisterung gehabt».
Demokraten nutzen Corona für Wahlklau
Dass Biden den Sozialismus in Amerika einführen und «keinen Gott» in Amerika haben wolle, gefiel den Anwesenden, gefolgt von Trumps üblichen Vorwürfen, dass Amerikanern die Waffen weggenommen und Steuern erhöht würden, wenn die Demokraten gewinnen. Doch die schärfste Attacke ritt Trump gegen den verstärkten Einsatz von Briefwahlzetteln, die zum Hauptthema der Wahl werden.
Viele werden angesichts der Coronavirus-Risiken ihre Stimme per Brief statt persönlich abgeben. Das sei der «grösste Betrug in der Geschichte der Politik», so Trump. Denn Briefwahl sei anfälliger für Betrug und begünstige die Demokraten. «Sie versuchen», so der sich zunehmend in Form redende Präsident, «den Republikanern die Wahl zu stehlen. Was sie tun, ist Covid zu benutzen, um die Wahl zu stehlen.»
Die Behauptung versuchte er gleich mit einem konkreten Beispiel zu verdeutlichen. So seien laut einem Augenzeugen allein in Detroit während der Vorwahlen am 4. August bis zu 20'000 brieflich abgegebene Wahlzettel nicht nur nicht überprüft worden. Sie seien auch nicht ausgezählt worden.
Trumps Drehbuch für November-Coup?
Nachdem Trump den Parteitag der Demokraten als düster verspottet hatte, versprach er einen optimistischen und positiven eigenen Parteianlass. Das mag indes Befürchtungen nicht zu mildern, dass der Präsident bereits einen Coup planen könnte, solle er am 3. November verlieren. Nicht die Demokraten versuchen die Wahl zu stehlen, sondern Trump, lautet die Befürchtung.
Wie der «Spiegel» berichtet, haben sich daher bereits vor zwei Monaten 67 US-Juristen per Videokonferenzen beraten, wie sich auf das Unvorstellbare vorzubereiten: einen amerikanischen Präsidenten, der aus dem Weissen Haus heraus den Staatsstreich plant.
Die Runde wollte ergründen, wie weit ein Präsident kommt, der sich weigert, das Oval Office zu räumen. In dem 22-seitigen Abschlussbericht der Runde heisst es: «Wir halten es für höchstwahrscheinlich, dass Präsident Trump das Wahlergebnis mit legalen und ausserrechtlichen Mitteln anfechten wird, um sich an der Macht zu halten.»