Der umstrittene Staatschef Alexander Lukaschenko hat sich in Belarus (Weissrussland) zum sechsten Mal ins Präsidentenamt einführen lassen. Der 66-Jährige legte den Eid am Mittwochmorgen überraschend ab. Das meldeten Staatsmedien in Minsk.
«Das ist unser gemeinsamer Sieg», sagte er bei der offiziell nicht angekündigten Amtseinführung vor Hunderten Gästen am Mittwoch im Unabhängigkeitspalast der Hauptstadt Minsk. «Wir haben nicht nur einen Präsidenten des Landes gewählt. Wir haben unsere Werte verteidigt, unser friedliches Leben, die Souveränität und die Unabhängigkeit.» Am Rande der Zeremonie gab es erneut Proteste gegen den 66-Jährigen, der seit 26 Jahren an der Macht ist.
«Farbige Revolution» habe keinen Erfolg
2020 werde in die Geschichte als «sehr emotionales Jahr» eingehen, sagte Lukaschenko, nachdem er den Amtseid abgelegt hatte. Die Versuche, das Land zu vernichten, seien gescheitert. «Wir sind im Kreis der wenigen – wir sind vielleicht sogar die einzigen –, wo die 'farbige Revolution' keinen Erfolg hatte», sagte er. Es habe einen «teuflischen Druck» auf das Land von aussen gegeben.
Hunderttausende Menschen hatten nach der umstrittenen Präsidentenwahl vom 9. August gegen Lukaschenko protestiert und seinen Rücktritt gefordert. Die Amtseinführung am Mittwoch war nicht angekündigt worden. Beobachter sprachen von einer «Geheimoperation». Die EU erkennt Lukaschenko nicht als legitimen Präsidenten an. Russland hatte ihm zum Sieg gratuliert.
«Alle Probleme werden gelöst»
Lukaschenko bekräftigte vor den handverlesenen Gästen – allen voran verschiedene Einheiten der Streitkräfte –, dass er seine Pläne einer Reform der Verfassung weiter verfolgen wolle. Auch das Parteiensystem solle weiter entwickelt werden. In Belarus ist seit mehr als 20 Jahren keine Partei mehr zugelassen worden. Kritiker werfen Lukaschenko vor, dass bisherige Versprechen von Reformen immer im Sande verlaufen seien.
Es würden alle Probleme gelöst, meinte Lukaschenko. Er wolle das friedliche Zusammenleben aller Schichten der Gesellschaft sicherstellen. Der einzige Weg aber, um auch in Zukunft zu überleben, betonte Lukaschenko, sei ein «starker Machtapparat». Menschenrechtler und Politologen hatten zuletzt ein massives Anziehen der politischen Daumenschrauben und eine Verschärfung der Repressionen beklagt. Kritiker bezeichnen Lukaschenko als «letzten Diktator Europas». (SDA)