Es ist ein deutliches Resultat – und ein historisches: Mit 393 gegen 226 Stimmen bei vier Enthaltungen hat der deutsche Bundestag heute nach jahrelangen Debatten und unzähligen Vertagungen einer Abstimmung die «Ehe für alle» beschlossen.
Nach Auszählung der Stimmen knallten Konfettikanonen, Abgeordnete jubelten. Die Grünen schnitten eine Hochzeitstorte in Regenbogenfarben an, auf der Zuschauertribüne fielen sich schwule und lesbische Pärchen in die Arme. Mit dem Entscheid gebe es nun endlich «Einigkeit und Recht und Freiheit» für alle, die sich liebten, twitterte SPD-Vorsitzender und Kanzlerkandidat Martin Schulz.
Plötzlich ging alles ganz schnell
Noch vor wenigen Tagen hatte sich kaum jemand erträumt, dass der letzte Sitzungstag vor der Sommerpause so emotional werden würde. Doch dann kam die Kehrtwende Merkels. Die Kanzlerin hob Anfang Woche überraschend den Fraktionszwang in Sachen Ehe für alle auf – und wich damit vom bisher so bestimmten Nein zur Ehe für alle erstmals ab. Der Schritt erfolgte, nachdem SPD, Grüne und FDP im Hinblick auf die Bundestagswahlen im September angekündigt hatten, nur dann einen Koalitionsvertrag zu unterschreiben, wenn die Union sich zur Ehe für alle bekennt.
Daraufhin ging alles ganz schnell. Der Rechtsausschuss des Bundestags entschied am Dienstag kurzfristig, noch diese Woche die Vorlage über die «Ehe für alle» ins Plenum zu bringen. Ganze 30 Mal war dieser Schritt bislang wegen des Widerstands der Union vertagt worden.
Beim 31. Mal wagte es die SPD nun erstmals, gegen den Koalitionspartner zu stimmen. Die CDU warf den Sozialdemokraten einen «Vertrauensbruch» vor, Merkel zeigte sich befremdet und enttäuscht.
Merkel war dagegen
Die Kanzlerin selbst legte bei der offenen Abstimmung heute Morgen einen roten Stimmzettel in die Urne – ein Nein. Eine Ehe sei für sie eine Gemeinschaft «zwischen Mann und Frau», lautete ihre Begründung. Eine Ansicht, mit der sie nicht nur im Bundestag inzwischen zur klaren Minderheit gehört. Bei einer Umfrage Anfang Jahr hatten sich über 80 Prozent der befragten Deutschen für die Ehe für alle ausgesprochen.
Dass mit dem klaren Votum heute Morgen das Thema Gleichstellung von Homosexuellen in Deutschland ausdiskutiert ist, ist derweil nicht gesagt. Abgeordnete der Union kündigten bereits im Vorfeld der Abstimmung an, bei einem Ja eine Klage beim Bundesverfassungsgericht zu prüfen. Dass sie sie damit durchkommen würden, ist allerdings sehr unwahrscheinlich. (lha)
Google verlinkt auf Startseite auf #EheFürAlle
Zur Feier des Abstimmungsergebnis hat Suchgigant Google eine Ausnahme auf seiner sonst nahezu leeren Startseite gemacht. Unter dem Suchfeld der deuteschen Site «Google.de» prangt prominent der Hashtag #EheFürAlle, der auf Google-News zum Thema verlinkt. Google setzt sich schon lange für Gleichberechtigung ein und läuft auch an der jährlichen GayPride-Parade in Zürich mit.