Sieben Menschen sind in Madaja seit Anfang Woche verhungert. Damit steigt die Zahl der Hungertoten in der von der syrischen Armee belagerten Stadt nach Angaben von Ärzte ohne Grenzen auf 35 – und das, obwohl in den vergangenen Tagen zwei Konvois mit Hilfslieferungen den Ort erreichten.
«Das ist schockierend», sagt Brice de le Vingne, Programmleiter von Ärzte ohne Grenzen. «Einige der gegenwärtigen Patienten dürfte keinen weiteren Tag überleben.» Dringend müssten sie aus der Stadt gebracht und in einem Spital behandelt werden.
Insgesamt 18 Patienten befänden sich in in kritischem Zustand und drohten zu sterben, würden sie nicht evakuiert. Denn die Behandlung von stark unterernährten Menschen sei technisch anspruchsvoll und müsse unbedingt von ausgebildetem Personal und mit geeigneter medizinischer Ausrüstung durchgeführt werden. Auch schwangere und stillende Frauen sollten evakuiert werden, schreibt Ärzte ohne Grenzen in einer Mitteilung.
Madaja wird seit rund einem halben Jahr von syrischen Truppen belagert. Vergangene Woche hatte die Armee schliesslich eingelenkt, Hilfsgüter in die Stadt zu lassen – nach monatelangen Verhandlungen.
«Schwerer Verstoss gegen internationales Recht»
Doch das ist nicht nur aus Sicht von Ärzte ohne Grenzen, sondern auch der UNO nicht genug. Die Vereinten Nationen forderten gestern einen sofortigen und vollständigen Zugang zu Madaja und anderen belagerten syrischen Städten. Die Belagerung von Städten sei eine «barbarische Taktik».
«Es kann keinen Grund, keine Erklärung und keine Entschuldigung dafür geben, Hilfe für Menschen in Not zu verhindern», sagte die UNO-Hilfsmitarbeiterin Kyung Wha Kang bei einer Dringlichkeitssitzung des UNO-Sicherheitsrats in New York. Frankreich und Grossbritannien hatten die Dringlichkeitssitzung nach Berichten über Dutzende Hungertote in Madaja anberaumt.
Kyung nannte die Vorgänge einen «schweren Verstoss gegen internationales Recht», der «sofort» enden müsse. Nach UNO-Angaben halten sich rund 4,5 Millionen Syrer in Gebieten auf, die für Hilfsorganisationen nur schwer zugänglich sind. Etwa 400'000 Menschen werden demnach von Regierungssoldaten oder Rebellen belagert. (lha/SDA)