Traurige Folge des Krieges
Syriens einsame Bräute

Der seit Jahren andauernde Krieg vertreibt immer mehr Männer aus Syrien. Die zurückgelassenen Frauen versuchen, sich mit verzweifelten Aktionen zu helfen.
Publiziert: 07.07.2016 um 18:42 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 20:47 Uhr
Zwei Bräute im syrischen Kamischli, die ihre Hochzeit in Abwesenheit ihrer Ehemänner feiern mussten.
Foto: Getty Images

Seit rund fünf Jahren wütet in Syrien ein verheerender Bürgerkrieg. Terror und Gewalt haben in dieser Zeit nicht nur das halbe Land in Trümmer gelegt, sondern auch grosse Teile der syrischen Bevölkerung auseinandergerissen.

In der Stadt Kamischli im Nordosten des Landes, gleich an der Grenze zur Türkei, sorgt der Krieg für geradezu bizarre Szenen. Dort sitzt Siwar, eine 22-jährige Chemie-Studentin in einer festlich dekorierten Halle. Wenige Augenblicke zuvor war sie zu fröhlicher Musik und dem Applaus von Familie und Freunden über einen roten Teppich in den Raum getreten. Alle waren sie gekommen, um die Hochzeit von Siwar zu feiern.

Der glücklichste Tag im Leben der jungen Frau wird dieses Datum bestimmt nicht. Denn dazu fehlt der Bräutigam. Dieser befindet sich gerade über 4000 Kilometer entfernt in den Niederlanden und versucht, die Geliebte über eine schlechte Handyverbindung zu erreichen.

«Drei Viertel der Männer sind nicht mehr im Land»

Das Schicksal der einsamen Braut teilt Siwar mit Dutzenden Frauen in Syrien. Es sind hauptsächlich Männer, die wegen des Krieges das Land verlassen haben – aus Angst, selbst kämpfen zu müssen und in der Hoffnung, woanders ein besseres Leben aufbauen zu können.

«Drei Viertel der Männer sind nicht mehr im Land», sagt Sandi, eine 25-jährige Radio-Mitarbeiterin, gegenüber dem «Wall Street Journal». «Hier sieht man nur noch kleine Buben, Frauen und Alte.» 

Auch Sandi hat ihren Mann in dessen Abwesenheit geheiratet. «Es war schwierig und ich war nicht wirklich glücklich. Obwohl eigentlich alles perfekt hergerichtet war, fehlte einfach etwas.»

Lieber keine Hochzeitstorte

Noch in den ersten Jahren des Krieges hatten sich viele Paare die Hochzeit aufgespart – im Glauben, dass sich die Situation bald wieder verbessern würde. Mittlerweile sehen aber viele keinen anderen Ausweg mehr, als sich aus der Distanz die ewige Treue zu schwören.

Die Hochzeitsfeiern der einsamen Bräute unterscheiden sich aber noch in einem weiteren Punkt von den sonst üblichen Zeremonien. Wie Nadeem Yousef, Vermieter der Hochzeits-Halle erklärt, würden zwar kaum Kosten und Mühen gescheut. Eine traditionelle Hochzeitstorte gibt es jedoch selten. «Die Braut sollte diese zusammen mit ihrem Ehemann anschneiden. Wenn der nicht da ist, gibt ihr das ein schlechtes Gefühl.» (cat)

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