Beim Untergang eines Bootes mit Migranten auf dem Weg nach Grossbritannien sind nach französischen Medienberichten mindestens 31 Menschen gestorben. Das meldeten unter anderem die Nachrichtenagentur AFP und der Sender BFMTV am Mittwoch jeweils mit Verweis auf die Polizei.
Wie die Maritime Präfektur während der noch laufenden Rettungsaktion mitteilte, setzte ein Fischerboot den Notruf ab, dass sich mehrere Migranten in Seenot im Ärmelkanal befänden. Mit Booten und Hubschraubern bemühten sich Helfer von Frankreich aus um eine Bergung. Einige der Geretteten befänden sich in Lebensgefahr.
«Schlepper sind kriminell»
Frankreichs Premierminister Jean Castex sprach von einer Tragödie, seine Gedanken seien bei den zahlreichen Opfern. Es gebe grosse Betroffenheit angesichts des Dramas beim Kentern des Bootes, sagte Innenminister Gérald Darmanin. Er werde zum Ort des Unglücks reisen. «Man kann nicht oft genug betonen, wie kriminell die Schlepper sind, die diese Überfahrten organisieren», sagte Darmanin.
Unter den Opfern befanden sich fünf Frauen und ein kleines Mädchen, sagte Darmanin. Zwei weitere Menschen, die sich auf dem Boot befanden, konnten gerettet werden, schwebten aber in Lebensgefahr.
Macron will Krisensitzung
Vier Schleuser, die möglicherweise an der gescheiterten Überfahrt beteiligt waren, seien festgenommen worden, sagte Darmanin. «Das ist das grösste Drama, was wir bisher erlebt haben.»
Präsident Emmanuel Macron rief unterdessen zu einer Krisensitzung auf europäischem Niveau auf. Frankreich werde nicht zulassen, dass der Ärmelkanal sich in einen Friedhof verwandele und Schleuser Menschenleben in Gefahr brächten. Die Mittel der Grenzschutzagentur Frontex an den Aussengrenzen der EU müssten unverzüglich erhöht werden. Gemeinsam mit Grossbritannien, Belgien, den Niederlanden und Deutschland müsse verstärkt gegen kriminelle Schleusernetzwerke vorgegangen werden, verlangte Macron. Seit Jahresbeginn seien 1552 Schleuser an der französischen Küste gefasst worden.
Fast 25'000 Menschen nahmen die Route dieses Jahr
Der britische Premierminister Boris Johnson sagte, er sei «schockiert, entsetzt und zutiefst betrübt» nach dem Tod der Migranten, berichtete die Nachrichtenagentur PA. Als Reaktion berief er das nationale Sicherheitskabinett ein.
Im laufenden Jahr haben bisher mehr als 24'700 Menschen illegal den Ärmelkanal überquert. Das sind fast dreimal so viele wie im gesamten Jahr 2020. Die britische Regierung wirft Frankreich vor, nicht genug gegen illegale Überfahrten zu unternehmen, Paris weist das zurück. Erst im Juli hatten beide Seiten ein neues Kooperationsabkommen vereinbart, um die wachsende Zahl der Migranten, die mit kleinen Booten über den Ärmelkanal nach England kommen, in den Griff zu bekommen. London sagte dabei 62,7 Millionen Euro zu, um die französischen Behörden zu unterstützen. (SDA)