Auf der Polit-Bühne war er ein Star, sein Privatleben hingegen ein Drama. Helmut Kohl (†87), der am Freitagmorgen in seinem Zuhause in Ludwigshafen nach schwerer Krankheit gestorben ist, hinterlässt eine zerrüttete Familie.
Sohn Walter (53) erfuhr aus den Medien vom Tod seines Vaters. Während er im Auto unterwegs war, habe er im Radio die Nachricht gehört, sagte er gestern gegenüber Journalisten.
Seit Jahren herrschte Funkstille zwischen dem berühmten Vater und seinem ältesten Sohn. Im Sommer 2011 habe er ein letztes Mal mit ihm telefoniert, sagte Walter Kohl gestern. Seither habe er ihn nicht mehr besuchen dürfen.
Hochzeit ohne Familie
«Hallo Papa, hier ist Walter, wie geht es Dir?» – Mit diesen Worten hatte sich Walter Kohl im Juni vor sechs Jahren bei seinem Vater gemeldet. Es war der erste Kontakt seit mehreren Jahren – und es sollte der einzige bleiben.
Besiegelt haben soll die Funkstille ein Interview, das Walter Kohl 2008 der «Bunten» gab. Kohl sprach darin erstmals öffentlich über die schwierige Beziehung zu seinem Vater. Er erzählte beispielsweise, dass er in einem «Dreizeilentelegramm» von der zweiten Heirat seines Vaters mit der 34 Jahre jüngeren Maike Richter erfahren habe. «Ich gebe zu, dass mich diese Vorgehensweise damals befremdet hat», sagte Kohl.
Zudem sprach er über die enormen Sicherheitsvorkehrungen, welche die ganze Familie in ihrem Alltag stark einschränkten. «Regelmässige Wege, zum Beispiel die zur Schule, wurden nur unter Polizeischutz gefahren», sagte er im Interview. Zudem habe er bereits im Alter von zwölf Jahren «eine Heckler-&-Koch-Maschinenpistole, die auf der Rückbank des SEK-Wagens lag, zerlegen und wieder zusammensetzen» können – «ohne dass die Beamten es bemerkten».
Vom Tod der Mutter erfuhr er über die Sekretärin
Auch vom Suizid seiner Mutter Hannelore im Jahr 2001 erfuhr Sohn Walter nicht vom Vater persönlich. Stattdessen hatte Ex-Kanzler Kohl seine Büroleiterin damit beauftragt, Walter vom Tod seiner Mutter zu informieren. Das schrieb Walter Kohl in einem Buch, das von vielen als Abrechnung mit dem Vater verstanden wurde.
Auch der zweite Sohn Helmut Kohls, Peter (51), verarbeitete seine Familiengeschichte in einem Buch. Er veröffentlichte eine Biografie über seine Mutter, die an einer schlimmen Lichtkrankheit litt. Diese zwang sie dazu, die Tage einsam in der abgedunkelten Wohnung zu verbringen. Traurig passend dazu das Bild, das Sohn Walter von seinem Vater malte: Er sei ein «Schattenvater» gewesen, schrieb Kohl in seinem Buch. Nun ist auch dieser Schatten verschwunden. (lha)