Die Karriere des österreichischen Kanzlers Sebastian Kurz (35) hängt an einem sehr dünnen Faden – wegen dubioser Absprachen mit der Zeitung «Österreich». Diese sollen gemäss der Wirtschafts- und Korruptionsanwaltschaft (WKStA) im Jahr 2016 begonnen haben.
Kurz amtete damals noch als Aussenminister, wurde aber bereits als die grosse Zukunftshoffnung gehandelt für die gebeutelte konservative Österreichische Volkspartei (ÖVP). Seine Getreuen erarbeiteten einen Plan zur Machtergreifung. Die Unterstützung der reichweitenstarken Medien im Land war Teil dieses Plans.
Politisches Chaos in Österreich
Gemäss der WKStA war Thomas Schmid (45) der Mittelsmann zwischen dem aufstrebenden Kurz und der Zeitung «Österreich». Schmid galt damals als der mächtigste Mann im österreichischen Finanzressort. Er ist dort sehr schnell die Karriereleiter hochgeklettert; war unter drei Finanzministern Kabinettschef, wurde auch Generalsekretär und galt dabei als heimlicher Finanzminister. Er soll derjenige gewesen sein, der in die Staatskasse griff, um die Kampagnen für Kurz zu bezahlen.
«Wer zahlt, schafft an»
Der Tiroler Thomas Schmid soll damals dem «Österreich»-Besitzer und Herausgeber Wolfgang Fellner (66) vorgegeben haben, wie dessen Zeitungen über Kurz zu berichten hätten. Und Fellner soll bereitwillig akzeptiert haben. Die Blätter jubelten Kurz besonders euphorisch hoch. Ein Auszug aus den von der WKStA veröffentlichten Chats zeigt eine SMS vom Januar 2017. Darin schrieb Schmid an Kurz' heutigen Pressesprecher: «So weit wie wir bin ich echt noch nie gegangen. Geniales Investment. Und Fellner ist ein Kapitalist. Wer zahlt, schafft an. Ich liebe das.»
Die WKStA sagt, Kurz und seine Gefolgschaft hätten von Fellner Vorteile sowohl immaterieller wie materieller Natur erhalten. Die wohlwollende Berichterstattung in «Österreich» habe einen enormen ökonomischen Wert dargestellt, den Schmid für Kurz und sich selbst angenommen habe – im Gegenzug hätten sie 1,1 Millionen Euro an Steuergeldern in Form von Inseraten investiert.
Schmid – der Mann im Hintergrund
In den österreichischen Medien kursiert eine andere Anekdote von Schmid. Sie geht so: Einem Pressesprecher im Finanzministerium habe er erklären müssen, in Fellners Gratisblatt gebe es ohne Inserate keine Berichterstattung. «Aber da muss es ja trotzdem sowas wie eine Redaktion geben», soll dieser gesagt haben. Worauf Schmid frech geantwortet haben soll: «Naja. Da bin ich mir nicht so sicher.»
Schmid agiert gerne im Hintergrund. Sein Büro sei spärlich eingerichtet, erzählen Personen, die ihn dort besucht haben. Es gebe praktisch keine persönlichen Gegenstände, bis auf eine kleine Storm-Trooper-Figur aus den «Star Wars»-Filmen. «Star Wars»-Fans wissen: Stormtrooper sind in den Filmen die Soldaten des Imperiums, loyal und folgsam – und sie setzen alles durch. So hat sich auch Thomas Schmid gesehen.
«Ich liebe meinen Kanzler»
Leute, die ihn kennen, erzählen, dass er als sehr zurückhaltender und umgänglicher Mensch gelte, mit dem man sich gut unterhalten könne. Aber er hat eben auch eine andere Seite. Das machen die Chats nun publik. Mit seinen peinlichen, herablassenden und menschenverachtenden Nachrichten malte er ein wüstes Sittenbild von Kurz und seiner Gefolgschaft.
Eine veröffentlichte Nachricht von ihm an Kurz offenbart auch das Verhältnis zwischen den beiden. «Ich liebe meinen Kanzler», stand darin. Kurz machte Schmid später zum Chef der Staatsholding Österreichische Beteiligungs AG (Öbag). «Kriegst eh alles was du willst», schrieb Kanzler Kurz Schmid damals.