Genau vor einem Jahrzehnt begann ein neues Leben für Natascha Kampusch. Es sollte das Leben sein, das sie sich während ihrer achteinhalbjährigen Gefangenschaft in einem fensterlosen Verlies immer ausgemalt hatte.
Wie es bisher wirklich war, das beschreibt das weltbekannte Entführungsopfer im neuen Buch: «Natascha Kampusch: 10 Jahre der Freiheit».
Verschwörungstheorien
Kampusch erlebte nicht nur Glück und Freude in der Freiheit. Nach der Flucht wurde sie sofort zur öffentlichen Person. Bis heute sind die Medien sehr interessiert an der schrecklichen Geschichte ihrer Vergangenheit – was einen Neuanfang nicht gerade erleichtert hat.
Weil ihr Peiniger Přiklopil sich vor einen Zug geworfen hatte, nachdem alles an die Öffentlichkeit gelangt war, blieb Kampusch die einzige Zeugin des Verbrechens. Aus diesem Grund wurden bald wilde Spekulationen über sie verbreitet.
In einer Haarsträhne sah man einen Hinweis, dass Kampusch ein Baby gehabt habe. Sie musste sich auch bohrende Fragen gefallen lassen, weshalb sie nicht früher geflohen sei.
Groll und Hass schlugen ihr auch unter dem Vorwand entgegen, sie schlachte ihre Geschichte kommerziell aus. Doch Kampusch ist trotz ihrer Leidensgeschichte zu einer starken Persönlichkeit gereift.
Konfrontiert mit dem erwähnten Vorwurf meint sie zum «Stern»: «Ja, wer denn bitte schön sonst? Wer soll denn an allererster Stelle daraus Kapital schlagen, wenn nicht ich? Vielleicht hätten die Leute es besser gefunden, ich hätte mich zu Hause verkrochen und von Sozialhilfe gelebt. Ich möchte mich dafür nicht rechtfertigen müssen».
Studium?
Im Moment lebt die Frau, die 1998 als zehnjähriges Mädchen entführt worden war, in einer Wohnung in Wien. Zweimal in der Woche geht sie nach wie vor zur Therapie, sie reitet und nimmt Gesangstunden.
Zudem hat sie dem «Stern» angekündigt: «Ich möchte auch mein Abitur machen und vielleicht studieren. Aber wann das so weit ist, das weiss ich noch nicht. Es ist auch nicht für die Öffentlichkeit, ich mache das nur für mich, für niemanden sonst.» (pfc)