Es gibt sie im Coop. In der Migros. Bei Lidl, Aldi und Denner. Mit Erdbeere, Hagebutten, Aprikosen oder Sauerkirschen. Immer in den traditionellen Grossmutter-Einmachgläsern. Die «Bonne Maman» ist vermutlich die bekannteste und beliebteste Konfi der Schweiz.
Noch faszinierender ist allerdings die Geschichte des Unternehmens – wenn sie denn stimmt. Der US-Rechtsprofessor Michael Perino erzählt auf Twitter, wie er vor einigen Tagen in New Jersey (USA) auf Einkaufstour war. Dabei fiel ihm eine ältere Frau auf, die 80 oder 90 Jahre alt gewesen sein musste und versuchte, ein Glas eben jener «Bonne Maman»-Konfitüre aus dem Regal zu fischen.
Perino half ihr und gab ihr das Produkt, als sie ihn fragte: «Wissen Sie, warum ich diese Marke kaufe?» Perino: «Weil sie so gut schmeckt?» «Ja, das tut sie», antwortete die Frau, um dann die Unterhaltung in eine überraschende Richtung zu drehen: «Ich bin eine Holocaust-Überlebende. Während des Kriegs versteckte die Familie, der die Marke gehört, meine Familie in Paris. Jetzt kaufe ich ständig diese Marke. Und wenn immer ich in einen Laden gehe, erinnern mich meine Grosskinder: ‹Bubbe, vergiss nicht die Marmelade zu kaufen›».
Ist die Geschichte wahr?
Perino machte die Unterhaltung auf Twitter öffentlich und landete einen Viral-Hit. Bis heute wurde sie mehr als 16'000 Mal gelikt und hundertfach kommentiert – viele erzählen ihre eigenen Geschichten mit Holocaust-Überlebenden. Davon profitiert natürlich auch die Marke, die in neue Popularitäts-Höhen schwebt.
Bloss: Ist die Geschichte der alten Frau wahr? Ist Bonne Maman eine Anti-Nazi-Konfi? Die Verifizierung gestaltet sich äussert schwierig. Klar ist, dass Bonne Maman 1971 von der Firma Andros im französischen Dorf Biars-sur-Cère gegründet wurde.
Es gibt Indizien in beide Richtungen
Niemand aus Biars-sur-Cère ist laut der israelischen Zeitung «Jewish Telegraphic Agency (JTA)» im Holocaust-Andenken als Person gelistet, die Juden gerettet hat. Zudem ist das Dorf rund 300 Kilometer von Paris entfernt, wo die Frau nach ihren Angaben Unterschlupf fand.
Allerdings wurde im Internet auch erfolgreich eine Verbindung mit einem gewissen Henri Gervoson gemacht, der während des Kriegs in Paris lebte und ein Bruder eines der Firmengründer war. Jemand anders sagt, das Gebiet um Biars-sur-Cère sei durchaus dafür bekannt gewesen, Juden vor Nazis zu verstecken.
«Warum sollte die alte Frau lügen?«
Die Inhaber von Bonne Maman helfen auch nicht dabei, Klarheit zu schaffen. Sie liessen «JTA» ausrichten: «Die Familie bevorzugt ihre Privatsphäre und kommentiert keine Untersuchungen in persönliche Angelegenheiten.»
Michael Perino derweil ist überzeugt von der Geschichte. Er fragt die Internet-Gemeinde rhetorisch, welchen Grund eine alte Frau haben könnte, einen völlig fremden Menschen anzulügen, der ihr gerade ein Glas Konfi aus dem Regal holte. (vof)