Allerdings bat der Kronprinz umgehend um Aufschub. Er habe eine Audienz bei Vajiralongkorn gehabt, sagte der Regierungschef; dabei habe der 64-Jährige «um Zeit zur Vorbereitung gebeten, bevor er zum neuen König ausgerufen wird».
Der Kronprinz sei mit den Pflichten eines Königs bereits vertraut und werde sie übernehmen, wenn «die geeignete Zeit kommt», führte der Regierungschef aus. «Ich hoffe, alle verstehen das und verursachen kein Chaos.»
Zunächst war erwartet worden, dass Vajiralongkorn noch bei der Dringlichkeitssitzung zum neuen König ausgerufen wird, zu der sich das Parlament am Donnerstagabend (Ortszeit) versammelt hatte. Bhumibol selbst war 1946 noch am Tag des Todes seines Bruders zu dessen Nachfolger ernannt worden.
Der König war nach jahrelangem Spitalaufenthalt am Nachmittag in Bangkok gestorben. Er war 70 Jahre Regent und damit der am längsten regierende Monarch der Welt. Das buddhistische Königreich mit fast 70 Millionen Einwohnern könnte vor grossen politischen Umwälzungen stehen. Die rund 30 Millionen Touristen, die jedes Jahr kommen, sollen davon aber unberührt bleiben, wie die Behörden versichern.
Im Land zeigte sich sofort beispiellose Trauer. Vor dem Sirijaj-Krankenhaus knieten Tausende Menschen in den Strassen und beteten, viele von ihnen vor Trauer in Tränen aufgelöst. Tausende Menschen machten ein Herz und «Ich liebe den König» zu ihrem Profilbild auf Facebook. Die «Bangkok Post» legte ihr Online-Layout in Schwarz-Weiss auf.
Im selben Krankenhaus wie der verstorbene König wird auch Bhumibols 84 Jahre alte Ehefrau Sirikit behandelt. Sie ist seit einem Schlaganfall 2012 schwer krank. 30 Tage sollen alle Flaggen auf halbmast wehen. Es wurde Staatstrauer für ein ganzes Jahr angeordnet.
Bhumibol hatte zwar auf dem Papier nur repräsentative Aufgaben, doch hat der Palast hinter den Kulissen enormen politischen Einfluss. Keine Regierung konnte sich ohne das Wohlwollen des Königs halten. Der jüngste Militärputsch fand im Mai 2014 statt.
Während Bhumibol als Garant der Einheit in dem politisch tief gespaltenen Land galt, ist sein Sohn bei weitem nicht so beliebt wie sein Vater. Der 64-Jährige verbringt viel Zeit in München, weil sein jüngster Sohn Dipangkorn Rasmijoti in Bayern zur Schule geht. Von der Mutter hat der Kronprinz sich 2014 scheiden lassen. Er hat sieben ältere Kinder mit zwei weiteren Ex-Frauen.
Thailand hat strikte Gesetze gegen Majestätsbeleidigung. Sie schützen den König, seine Frau und den Kronprinzen vor jeder Kritik. Selbst harmlos klingende Kommentare können zu Anzeigen führen. Die Gesetze werden seit Jahren ausgenutzt, um politische Gegner zu diskreditieren.
Thailands Gesellschaft ist seit mehr als zehn Jahren politisch tief gespalten. Auf der einen Seite stehen die so genannten Gelbhemden. Sie geben sich als Monarchietreue, die die alte Ordnung, in der wenige einflussreiche Familien die Geschicke des Landes bestimmten, aufrecht erhalten wollen.
Auf der anderen Seite stehen die Rothemden, unterstützt vor allem von der ärmeren Bevölkerung, die mehr Mitsprache und eine Politik zur Förderung der Armen fordern. Sie haben es unter Bhumibol stets von sich gewiesen, weniger königstreu zu sein als die Gelbhemden.
Beide Seiten werfen sich masslose Korruption vor. Mit Demonstrationen und Blockadeaktionen haben beide Lager die jeweils andere Regierung immer wieder unter Druck gesetzt und deren Sturz herbeigeführt.
König Bhumibol hatte eine enge Beziehung zur Schweiz. 18 Jahre seines Lebens verbrachte der in den USA Geborene in Lausanne. Zum Dank schenkte der Monarch der Stadt einen prächtigen Pavillon.
Nach dem Tod seines Vaters kam der spätere thailändische König 1933 als Fünfjähriger zusammen mit der Mutter und seinen beiden Geschwistern an den Genfersee. In Lausanne ging er zur Schule und ans Gymnasium und studierte an der ETH (EPFL) und der Universität. Einen Abschluss machte er jedoch nie.
1946 wurde Bhumibols Bruder König Ananda unter ungeklärten Umständen erschossen. Als 18-jähriger trat Bhumibol die Thronfolge an. Er heiratete Prinzessin Sirikit und setzte auch nach seiner offiziellen Krönung 1950 zunächst das Studium in Lausanne fort. Erst 1951 kehrte die Familie nach Thailand zurück.
Als junger Prinz entdeckte Bhumibol in der Schweiz seine Liebe zur Fotografie, zur Musik und besonders zum Jazz. Er komponierte und spielte Saxofon. Neben dem Skifahren galt eine weitere Leidenschaft schnellen Autos. 1946 verlor Bhumibol bei einem Unfall am Genfersee ein Auge, allerdings mit einem kleinen Fiat Topolino.
1960 weilte der thailändische König zusammen mit Sirikit zu einem Staatsbesuch in Bern.