Terrorismus
Münchner Anschlagsverdacht aus Neujahrsnacht nicht konkretisiert

München – Nach der Münchner Anschlagswarnung aus der Neujahrsnacht hat die Polizei keine konkreten Erkenntnisse über mögliche Attentate gewonnen. Die Hinweise darauf hätten sich nicht konkretisiert, sagte Polizeipräsident Hubertus Andrä am Freitag.
Publiziert: 01.01.2016 um 19:10 Uhr
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Aktualisiert: 07.10.2018 um 10:30 Uhr

Demnach sollten fünf bis sieben Iraker und Syrer möglicherweise Anschläge auf den Hauptbahnhof oder den Bahnhof im Stadtteil Pasing verüben. Beide Bahnhöfe wurden vorübergehend gesperrt, in der Neujahrsnacht aber wieder freigegeben.

Der Zug- und S-Bahnverkehr war vorübergehend erheblich eingeschränkt. Silvesterfeiern in allen Teilen der 1,5 Millionen Einwohner grossen Stadt seien dagegen ohne besondere Beeinträchtigungen verlaufen, sagte Andrä. «Ich habe den Eindruck, dass die Leute sehr intensiv gefeiert haben.»

Laut Andrä erhielt die Münchner Polizei am Silvesterabend gegen 19.40 Uhr Hinweise zu den möglichen Anschlägen. Zu etwa der Hälfte der angeblichen Attentäter hätten die Behörden Namen und Daten erhalten. Bislang sei aber noch nicht einmal klar, ob diese Menschen überhaupt existieren.

«Wir wissen nicht, ob die Namen stimmen, ob es die Personen wirklich gibt, und wo sich die Personen aufhalten», sagte Andrä. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann hatte in der Neujahrsnacht gesagt, das Bundeskriminalamt habe die bayerische Polizei darüber informiert, dass «von Seiten» der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zu Silvester ein Anschlag oder mehrere Attentate in München geplant seien.

Ein früher Hinweis kam nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa vor ein paar Tagen aus den USA. Eine konkrete Warnung für die Silvesternacht wurde dann an Silvester vom französischen Geheimdienst übermittelt. Der deutsche Nachrichtendienst (BND) wollte sich auf Anfrage nicht zum Sachverhalt äussern. Alle Hinweise seien vom Verfassungsschutz überprüft worden.

Zur Herkunft dieser Informationen sagte Andrä, es sei üblich, dass die Polizei Massnahmen ergreife, wenn es Hinweise anderer Nachrichtendienste gebe. Informationen würden besonders ernst genommen, wenn sie aus verschiedenen Quellen kämen.

Einer der Hinweise stammte nach Medienberichten aus dem Irak. Der BND habe den Hinweisgeber dort selbst befragen können, berichtete die «Süddeutsche Zeitung» (Samstag) nach gemeinsamen Recherchen mit WDR und NDR. Die erste Information sei den Sicherheitsbehörden spätestens am 23. Dezember bekanntgeworden, aber zunächst für unwahrscheinlich gehalten worden. Die Hinweise verdichteten sich dann aber.

Die in der Nacht in Alarmbereitschaft versetzte Polizei war am Freitag zunächst noch mit 100 zusätzlichen Beamten im Einsatz. In der Nacht waren es noch 550 gewesen.

Vertreter von Bund und Ländern wiesen Spekulationen zurück, es habe sich um einen «Fehlalarm» gehandelt. «Die bayerischen Behörden haben mit Unterstützung der Bundespolizei umsichtig, besonnen und entschlossen gehandelt», erklärte der deutsche Innenminister Thomas de Maizière.

«Die Entscheidung war richtig», sagte auch Herrmann zu den Bahnhofssperrungen. Er verglich die Situation mit der von Hannover, wo im vergangenen November wenige Tage nach den Anschlägen von Paris ein Fussball-Länderspiel sehr kurzfristig abgesagt worden war.

«Wenn es solche Hinweise gibt, müssen wir handeln», sagte auch der Münchner Polizeipräsident Andrä. Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) bezeichnete die Sicherheitsmassnahmen als «absolut gerechtfertigt». Wieder einmal hätten «die Sicherheitsbehörden ihre Handlungsfähigkeit bei akuten Terrorwarnungen unter Beweis gestellt», erklärte GdP-Vize Jörg Radek.

Die Polizei habe mit den Sperrungen und der Aufforderung an die Bürger, Menschenansammlungen zu meiden, offenbar die Pläne der Terroristen «durchkreuzt».

De Maizière geht nach dem Terroralarm in München von einer weiterhin ernsten Sicherheitslage in Deutschland aus. Es bestehe weiterhin eine «hohe Gefährdung durch den internationalen Terrorismus», erklärte der Innenminister.

Die Sicherheitsbehörden gingen Hinweisen nach «und passen die Massnahmen fortlaufend an die aktuelle Situation an». Dazu gehörten insbesondere Massnahmen zum Schutz der Bevölkerung. Im Fall München habe ein enger Informationsaustausch der betroffenen Sicherheitsbehörden im Gemeinsamen Terrorabwehrzentrum stattgefunden.

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