Terrorismus - Deutschland
Haftbefehl nach Borussia-Dortmund-Anschlag - Täter weiter unbekannt

Dortmund – Die Hoffnung auf einen raschen Fahndungserfolg nach dem Anschlag auf den Mannschaftsbus von Borussia Dortmund (BVB) hat sich nicht erfüllt. Dennoch wurde auf Antrag der deutschen Bundesanwaltschaft am Donnerstag Haftbefehl gegen einen der Verdächtigen erlassen.
Publiziert: 13.04.2017 um 21:15 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 12:00 Uhr
Ein Grossaufgebot der Polizei sichert das Nachholspiel Borussia Dortmunds gegen AS Monaco einen Tag nach dem Anschlag gegen die deutsche Mannschaft. Die Hintergründe der Tat sind noch nicht geklärt.
Foto: KEYSTONE/DPA/A4692/_GUIDO KIRCHNER

Für die Beteiligung des 26 Jahre alten Irakers an dem Anschlag hatte die Behörde keine Beweise. Stattdessen wird ihm die Mitgliedschaft in der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) vorgeworfen.

Der Mann soll im Irak eine zehnköpfige Einheit angeführt und selbst gekämpft haben. Die Gruppe soll Entführungen, Verschleppungen, Erpressungen und auch Tötungen vorbereitet haben. Im März 2015 reiste er laut Bundesanwaltschaft in die Türkei, von wo er Anfang 2016 wieder nach Deutschland zurückkehrte und dann weiter Kontakt zu IS-Mitgliedern gehabt habe.

Die Bundesanwaltschaft räumte ein, keine Beweise gegen zwei der Tat Verdächtige zu haben. Die Hintergründe des Anschlags auf die Fussballmannschaft vom vergangenen Dienstag mit zwei Verletzten waren somit weiterhin unklar.

Der Generalbundesanwalt in Karlsruhe geht von einem terroristischen Hintergrund aus. Zwingend sei dies allerdings nicht, sagte eine Sprecherin. Der Innenminister von Nordrhein-Westfalen (NRW), Ralf Jäger, hält es für möglich, dass die Täter gewaltbereite Fussballfans sind.

Der Verdacht gegen einen 28 Jahre alten Deutschen aus Fröndenberg 15 Kilometer östlich von Dortmund wurde am Donnerstag fallengelassen. Es gebe keine Hinweise für dessen Verwicklung, sagte die Sprecherin der Bundesanwaltschaft. Die Wohnungen beider Männern waren durchsucht worden.

Bei dem Anschlag waren am Dienstagabend drei Sprengsätze mit Metallstiften nahe dem Mannschaftsbus von Borussia Dortmund detoniert. Der spanische Verteidiger Marc Bartra und ein Polizist wurden verletzt.

«Die Sprengkraft war enorm», sagte Innenminister Jäger am Donnerstag in einer Sitzung des Innenausschusses im nordrhein-westfälischen Landtag. Die Täter seien nicht gefasst und hätten weitere Anschläge angekündigt. «Das nehmen wir sehr ernst.»

Der BVB war auf den Weg zum Champions-League-Heimspiel gegen den AS Monaco, das dann am Mittwochabend - keine 24 Stunden später - nachgeholt wurde. Die von der Tat geschockten Dortmunder verloren 2:3.

Rund um das Nachholspiel blieb es nach Polizeiangaben vergleichsweise ruhig. Hunderte Beamte sorgten für Sicherheit. Für kurze Aufregung sorgten zwei Rucksäcke und ein Roller. Spezialisten gaben aber rasch Entwarnung.

BVB-Trainer Thomas Tuchel kritisierte die rasche Neuansetzung des Spiels heftig. «Wir wurden überhaupt zu keiner Zeit gefragt», sagte der Coach nach der Partie und sprach von einem «Gefühl der Ohnmacht».

Die Europäische Fussball-Union UEFA wies die Vorwürfe am Donnerstag zurück. «UEFA war am Mittwoch mit allen Parteien in Kontakt und hat niemals eine Information erhalten, die angedeutet hat, dass eines der Teams nicht spielen wollte.»

Die Polizei hatte am Anschlagsort drei gleichlautende Bekennerschreiben mit islamistischem Inhalt gefunden. Sicherheitskreise sprachen von einem für Islamisten eher untypischen Vorgehen. So gebe es auf dem Schreiben keinerlei IS-Symbole wie etwa die typische Fahne.

Der Konfliktforscher Jochen Hippler sagte am Donnerstag dem Sender WDR, es gebe mehrere Dinge, die Fragen aufwerfen. «Normalerweise wird es drei Stunden später im Internet durch eine Agentur des IS bekanntgegeben und die Verantwortung übernommen.» Der Politikwissenschaftler von der Universität Duisburg-Essen vermutet, dass Täter in Frage kommen, die nichts mit dem IS zu tun haben oder die das nur vorspiegeln wollen.

Derweil wurden in der CDU - der Partei von Kanzlerin Angela Merkel - Forderungen nach einem neuen Sicherheitskonzept für grosse Fussballspiele laut.

Bislang stünden eher die Menschenmengen im Stadion im Zentrum der Aufmerksamkeit. Offensichtlich müssten aber auch die Routen der Spieler und das gesamte Umfeld stärker in die Sicherheit einbezogen werden, sagte der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Ansgar Heveling, der «Rheinischen Post» vom Donnerstag.

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