Jetzt bricht seine Schwester in einem emotionalen Interview ihr Schweigen. Auf CNN erzählt sie vom letzten, banalen Telefonat mit ihrem Bruder, dem Terroristen: «Er schickte Küsse für die Familie – und für seine Katze.»
Knapp drei Monate später liest die Schwester in der Zeitung, dass Samy zu den Paris-Killern gehört: «Ich war so schockiert. Ich habe geschrien. Und dachte an eine Falschmeldung.»
Aber die Berichte stimmen. «Jeden Tag fragen wir uns, wie das passieren konnte», sagt die Schwester. «Er war doch im gleichen Bauch wie ich. Wie konnten wir so unterschiedliche Wege einschlagen?»
Aufgewachsen ist Samy als typischer Pariser Vorstadtbub. «Er war sensibel, ein bisschen schüchtern», erinnert sich die Schwester. Im Internet veröffentlicht sie Kindheitsbilder von sich und Samy. Als Erwachsener arbeitete der spätere Massenmörder als Busfahrer.
Seine Radikalisierung begann schleichend. «Er klickte im Internet auf einschlägige Seiten.» Später kamen die islamistischen Rattenfänger bis an die Haustür: «Sie kamen immer öfter und redeten auf ihn ein.»
Er solle den Islam strenger praktizieren. «Dann brachten sie ihn in die Moschee, wo sich die Radikalen trafen», sagt die Schwester weiter. Samy begann sich immer mehr zu verändern: «Er trug andere Kleidung, hörte andere Musik.»
2013 reiste er schliesslich zu seinen Glaubensbrüdern nach Syrien. Der Familie sagte er, dass er nach Südfrankreich in die Ferien gehe. Laut französischen Medien reiste Vater Mohamed dem Sohn im Sommer 2014 nach Syrien hinterher. Er wollte ihn dazu bewegen, wieder nach Hause zu kommen. Vergeblich. Ein Jahr nach diesem Treffen stürmte Samy Amimour ins Bataclan und begann sein Gemetzel.
Eine Tat, die auch seine eigene Familie traumatisiert zurücklässt: «Oft denken wir, es sei vielleicht unsere Schuld. In Gedanken sind wir bei den Angehörigen der Opfer.»