34 Jahre nach dem Mord am schwedischen Ministerpräsidenten Olof Palme (1927–1986) hat Staatsanwalt Krister Petersson (59) heute Morgen über den neuesten Stand der Ermittlungen informiert.
Beim Mörder soll es sich um den Grafiker Stig Engström (†66) handeln, der als einer der ersten Zeugen am Tatort erschienen war. Der «Skandia Mann», wie er auch genannt wird, entfernte sich zuerst vom Tatort, kehrte dann aber zurück. Er hatte vernommen, dass ein Zeuge der Polizei sein Signalement durchgegeben hatte. Er gab darauf der Polizei ein anderes Signalement an.
Was führte nach langen 34 Jahren definitiv auf die Spur von Stig Engström? Es gab keine neuen Hinweise! Das Einzige, was die schwedischen Ermittler gemacht haben: Sie haben den Ablauf der Tat sowie das Verhalten und die Aussagen Engströms noch einmal genau untersucht.
Der Chef-Ermittler sagte: «Ich bin der Ansicht, dass wir so weit gekommen sind, wie man es von der Untersuchung verlangen kann. Wir kommen nicht um eine Person als mutmasslichen Täter herum, und diese Person ist Stig Engström, der sogenannte Skandia-Mann. Weil Stig Engström verstorben ist, kann ich keine Anklage gegen ihn erheben oder ihn verhören, sondern habe beschlossen, die Voruntersuchungen einzustellen.»
Pleite und Alkoholiker
Stig Engströms Hintergrund: Er war durch seinen Armeedienst und Mitgliedschaft bei einem Schiessverein an Waffen gewohnt. Mit der Politik Palmes war er nicht einverstanden, wie seine Angehörigen berichteten. Auch hatte er finanzielle Probleme und litt unter Alkoholsucht.
Nach einem abgebrochenen Studium arbeitete er für das schwedische Militär an Illustrationen für Feldhandbücher. In den späten 1960er Jahren wurde er von Sveriges Radios Förlag und später von der Versicherungsgesellschaft Skandia eingestellt, für die er bis zur Pensionierung arbeitete.
Weil sich Engström im Jahr 2000 das Leben nahm, kann er nicht mehr zur Rechenschaft gezogen werden. Die Ermittlungen werden daher eingestellt.
Schweden in Schock
Olof Palme war am 28. Februar 1986 an der Ecke Sveavägen und Tunnelgatan in Stockholm niedergestreckt worden. Palme hatte mit seiner Frau Lisbet (1931–2018) im Kino Grand die schwedische Komödie «Die Mozart-Brüder» angeschaut.
Als die beiden nach der Vorstellung die Strasse betraten, schoss ihm um 23.21 Uhr ein Unbekannter in den Rücken. Palme war sofort tot. Lisbet Palme erlitt durch einen zweiten Streifschuss an der Schulter leichte Verletzungen. Der Täter rannte unerkannt davon.
Haarsträubende Ermittlungen
Die Polizei geriet wegen stümperhaften Ermittlungen in die Kritik. Beispiel: Der Tatort wurde zu wenig abgesperrt, die beiden Projektile fanden Passanten. Chefermittler Hans Holmér (1930–2002) musste wegen Nachlässigkeit und Widersprüche 1987 den Posten räumen und an Hans Ölvebro (75) übergeben.
1989 glaubte man, den Täter zu haben. Aufgrund von Zeugenaussagen wurde der drogenabhängige Christer Pettersson (1947–2004) zuerst zu lebenslanger Haft verurteilt, in zweiter Instanz aber freigesprochen. 2018 sagte der inzwischen mit den Ermittlungen betraute Staatsanwalt Krister Petersson, dass er nicht an dessen Schuld glaube. Christer Pettersson starb 2004.
Die Nato? Rechtsextreme?
Immer wieder wurde über neue Motive spekuliert, warum Palme ermordet worden sein könnte. So gab es Theorien, wonach Palme aus Nato-Kreisen eliminiert worden sei, weil er der Sowjetunion zu wenig entschlossen die Stirn bot. Auch wurden 20 Kurden vorübergehend festgenommen, weil man die PKK hinter dem Anschlag vermutete.
Weitere Gründe für den Mord sah man in verhinderten Waffengeschäften mit Indien oder der Kritik am Vietnamkrieg der Amerikaner. Auch rechtsextreme Palme-Hasser gerieten wegen Palmes linker Politik unter Verdacht.
Geheimdokumente aus Südafrika
Auch dass der südafrikanische Geheimdienst hinter dem Anschlag stecken könnte, wurde wieder vermehrt zum Thema. Palme hatte das damalige Apartheid-Regime massiv kritisiert und dem African National Congress geholfen, Waffen- und Öl-Schmuggel zu unterbinden.
Für die Auflösung des Falles war eine Belohnung von 50 Millionen Kronen (heute noch rund 5,2 Millionen Franken) ausgesetzt worden.