Ermittler suchen seit Wochen nach Issa al H.s Handy
Fünf Wochen nach dem Terroranschlag in der deutschen Stadt Solingen mit drei Toten und acht Schwerverletzten fehlt vom Handy des mutmasslichen Täters Issa al H. (26) noch immer jede Spur. Jetzt wurden, wie «Focus» berichtet, in der Stadt sogar Rodungen vorgenommen, um das Natel endlich ausfindig zu machen.
Die Aufnahmen einer Überwachungskamera eines Geschäfts konnten laut dem Nachrichtenportal beweisen, dass der Syrer am Abend der Tat mit zwei Handys hantierte. Eines wurde gänzlich zerstört, das zweite ist verschollen. Und: Aktuell versuchen die Ermittler weiter herauszufinden, ob der Messerstecher Mitwisser oder Komplizen hatte. Issa al H. soll bei seiner Einreise nach Bulgarien nicht allein gewesen sein.
Wo ist Issa al H.s Reisebegleiter?
Der Asylbewerber hatte in Bulgarien und Österreich einen Asylantrag eingereicht, reiste aber nach Deutschland weiter, weil dort angeblich ein Onkel des Syrers wohnen sollte. Mittlerweile ist klar: Den Verwandten gibt es nicht. Eine Ausschaffung des mutmasslichen IS-Anhängers scheiterte an der deutschen Bürokratie.
Die Frage, ob Issa al H. nicht vielleicht sogar gezielt vom Islamischen Staat nach Deutschland geschickt wurde, steht weiterhin im Raum. Vor diesem Hintergrund sucht man nach dem Begleiter, der mit al H. nach Bulgarien einreiste.
Der mutmassliche Islamist schweigt zum Messerangriff. Vertreten wird er dabei von einer Anwaltskanzlei aus Dresden, die ihm schon dabei half, nicht ausgeschafft zu werden.
Rechtsextreme bedrohen Anwaltskanzlei, die Issa al H. beriet
Mutmassliche Mitglieder der rechtsextremistischen Identitären Bewegung (IB) haben vor der Einfahrt einer Anwaltskanzlei in Dresden drei symbolische Gräber mit Holzkreuzen aufgebaut. Ein dazu aufgestelltes Plakat mache die Kanzlei mitverantwortlich für den Tod dreier Menschen beim Anschlag im nordrhein-westfälischen Solingen, teilte die Polizei am Mittwoch mit.
Bei dem Messerangriff auf einem Stadtfest waren am 23. August drei Menschen getötet und acht weitere teils schwer verletzt worden. Die Anwaltskanzlei hatte den Tatverdächtigen, den 26 Jahre alten Syrer Issa al H., nach Polizeiangaben zuvor bei dessen Asylverfahren vertreten. Der Mann hätte eigentlich schon im vergangenen Jahr nach Bulgarien abgeschoben werden sollen, wo er zuerst EU-Boden betreten hatte.
Die IB bekannte sich in der Messengerapp Telegram zu der Aktion in Dresden, wie die Polizei weiter mitteilte. Ein 25-Jähriger aus Chemnitz sei bereits als einer der Akteure identifiziert worden. Es habe eine sogenannte Gefährderansprache – also eine Ermahnung – gegeben. Das Dezernat Staatsschutz ermittelt.
Auch in Solingen tauchten am Mittwoch rechtsextreme Plakate, auf denen Solingen als «Zentrum der Messermigration» bezeichnet wurde auf. Diese wurden mutmasslich von der rechtsextremen «Revolte Rheinland» aufgehängt, wie Telegram-Posts nahelegen.
Steinmeier: Bluttat von Solingen trifft Deutschland im Kern
Der mutmasslich islamistische Anschlag von Solingen trifft nach Worten des deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier (68) das gesamte Land im Innersten. Die Bluttat treffe «ein freundliches, ein offenes, vielfältiges Land» im Kern, sagte Steinmeier bei einer Gedenkveranstaltung für die Opfer des Terroranschlags vor gut einer Woche in der bergischen Stadt. «Es trifft uns in unserem Selbstverständnis als Nation, in der die Menschen trotz aller Unterschiede friedlich zusammenleben und zusammenleben wollen – Menschen, die schon seit Generationen hier leben genauso wie diejenigen, die später hinzugekommen sind.» Das Staatsoberhaupt betonte in seiner Trauerrede: «Genau darauf, genau auf diesen Kern zielte der Täter von Solingen in seinem Hass, wie auch schon die Täter vor ihm.»
Nach Solingen-Anschlag: Deutsche Bundesregierung einigt sich auf Migrations- und Asylpaket
Die deutsche Bundesregierung hat sich offenbar auf ein neues Asyl- und Migrationspaket geeinigt. Dies berichten deutsche Medien am Donnerstagnachmittag übereinstimmend. Die Einigung erfolgt nach dem Messeranschlag von Solingen und umfasst Regelungen zum Waffenrecht, zu Sicherheitsbefugnissen, Abschiebungen und Prävention.
Das «Sicherheitspaket» soll von der deutschen Innenministerin Nancy Faeser (SPD), Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) sowie Anja Hajduk, Staatssekretärin, im Verlaufe des Nachmittags genauer vorgestellt werden.
Was weiss Mitbewohner Salm al K.?
Salm Al K. kennt den Täter von Solingen, Issa al H. (26) schon seit Jahren. Gemeinsam lebten sie in einem Drei-Personen-Zimmer in der deutschen Stadt. Er wurde im Zusammenhang mit der Tat in Gewahrsam genommen. Wie «Welt» schreibt, soll er zunächst erklärt haben, dass er über Informationen zur Tat verfüge und «auspacken» wolle. Im Rahmen der Vernehmung hat er aber bislang keine weiteren Angaben gemacht.
Neue Details zu Festnahme kommen ans Licht
Wie «Welt» am Donnerstag berichtet, hat der Täter von Solingen, Issa al H. (26), anders als zuvor berichtet, nicht von sich aus gestellt. Die deutschen Behörden erhielten zudem einige Stunden vor der Festnahme einen geheimdienstlichen Hinweis aus dem Ausland.
Aus Ermittlerkreisen soll demnach hervorgehen, dass sich der Messerangreifer zunächst in einem Gebüsch verschanzt hatte und an der Strasse auf die Beamten traf. Anschliessend klickten die Handschellen. Die Ermittler bewerteten das Verhalten des mutmasslichen IS-Attentäters als «stümperhaft».
Insider aus deutschen Sicherheitsbehörden bestätigten «Welt» und «Tagesschau» zudem, dass wenige Stunden vor der Festnahme der Hinweis eines ausländischen Geheimdienstes einging, der bei der Identifizierung des Täters half.
Zuständiger Innenminister: Alle Verletzten werden überleben
Alle Verletzten des Messerangriffs in Solingen von vergangenem Freitag werden überleben. Dies verkündete Herbert Reul (71, CDU), Innenminister von Nordrhein-Westfalen, wie mehrere Medien berichten. Es sei eine große Leistung, dass der mutmaßliche Täter schnell gefasst worden sei, so Reul. Bereits am Wochenende hatte das Spital mitgeteilt, dass die verletzten Personen ausser Lebensgefahr seien. Bei dem Angriff wurden drei Personen getötet und acht verletzt, vier davon schwer.
Scholz will Grenzkontrollen «so lange wie möglich»
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will die bestehenden Kontrollen an den Grenzen zu mehreren Nachbarländern «so lange wie möglich» aufrechterhalten. Sie hätten sich als «sehr effizient» erwiesen, sagte Scholz in einem Interview für das ZDF-«heute journal». «Wir müssen das immer im Rahmen des europäischen Rechts tun. Aber da kann ich Ihnen versichern, das wird uns schon gelingen.»
Seit Mitte Oktober vergangenen Jahres gibt es Kontrollen an den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz, bereits seit September 2015 an der deutsch-österreichischen Grenze. Sie sind aber nur punktuell. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) und Bundespolizei-Präsident Dieter Romann loben die Kontrollen als Erfolg und verweisen dabei unter anderem auf die Festnahme von Schleusern. Zudem würden Menschen auch an der Grenze zurückgewiesen. Die Zahl unerlaubter Einreisen ist zuletzt gesunken.
Nur: Wer Asyl beantragen will, darf in der Regel auch ins Land. CDU-Chef Friedrich Merz hatte zuletzt einen generellen Aufnahmestopp von Flüchtlingen aus Syrien und Afghanistan gefordert. Scholz sagte dazu, dass das individuelle Recht auf Asyl für ihn nicht zur Disposition stehe. «Das Individualrecht auf Asyl bleibt erhalten. Das steht in unserem Grundgesetz. Und das wird niemand mit meiner Unterstützung infrage stellen», sagte er.
Ermittlungen in Solingen noch nicht beendet
In der westdeutschen Stadt Solingen gehen die Ermittlungen zur weiteren Aufklärung des Messerangriffs mit drei Toten weiter. Es würden noch polizeiliche Massnahmen stattfinden, sagte am Morgen ein Sprecher der Polizei Düsseldorf. Das werde auch noch für Tage, wenn nicht Wochen so bleiben. «Die Sache ist noch nicht erledigt», betonte der Sprecher. Details könne er aber nicht nennen.
Am Montagnachmittag hatte die Polizei einen Bereich in der Nähe der Flüchtlingsunterkunft in Solingen abgesucht, in der der mutmassliche Täter Issa Al H. (26) gewohnt hat. Man habe neue Hinweise erhalten und wolle bestimmte Bereiche jetzt noch einmal neu in Augenschein nehmen, hiess es von der Polizei. Ein dpa-Reporter berichtete, unter anderem sei ein Fussgängertunnel in der Nähe der Flüchtlingsunterkunft abgesperrt worden. Medien hatten gemutmasst, dass dort das Bekennervideo aufgenommen worden sein könnte, das die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) verbreitet hatte.
Hitlergruss bei Demo in Solingen
Während des Gedenkens an die Opfer des Attentats in Solingen haben Demonstranten in der nordrhein-westfälischen Stadt mit ausländerfeindlichen Parolen provoziert. Wie die Polizei in Wuppertal am späten Montagabend mitteilte, riefen einige Teilnehmer eines Demonstrationszugs die Parole «Deutschland den Deutschen, Ausländer raus». Zudem soll ein Demonstrant den Hitlergruss gezeigt haben. Am Montag hatten mehrere Versammlungen in Solingen der Opfer des Attentats gedacht.
Der durch die Parolen aufgefallene Demonstrationszug bestand laut Polizei aus rund 120 Teilnehmern. Gegendemonstranten blockierten teilweise den Weg. Aufgrund der Parolen löste die Polizei die Versammlung auf und leitete Strafverfahren ein. Nach der Auflösung bildete sich eine Spontandemo mit etwa hundert Teilnehmern, bei der ein Verdächtiger den Hitlergruss gezeigt haben soll. Auch dies hatte den Beamten zufolge eine Strafanzeige zur Folge.
Bei einer Attacke auf der 650-Jahr-Feier der deutschen Stadt Solingen hat es am Freitagabend Tote und Verletzte gegeben. Die Tatwaffe sei mutmasslich ein Messer gewesen, heisst es aus Polizeikreisen. Die Polizei löste Grossalarm aus. Hubschrauber sind in der Luft.
Wie das «Solinger Tageblatt» berichtet, kamen bei der Attacke mindestens drei Menschen ums Leben. Schwerbewaffnete Beamte stehen aktuell am Einsatzort und sichern diesen. Es gibt Absperrungen in der ganzen Stadt. Sichtschutzwände sind aufgebaut. Tatort ist der Fronhof – ein Marktplatz in der Innenstadt von Solingen. Dort steht eine Bühne für Livemusik.
Ermittlern fehlen wichtige Informationen
Aus Polizeikreisen heisst es, es gebe noch keine Festnahme. Der Angreifer ist auf der Flucht. Wie «Bild» in Berufung auf Zeugenaussagen berichtet, soll er ein arabisches Aussehen haben.
Den Ermittlern fehlen wichtige Informationen. Zum Aussehen des flüchtigen Verdächtigen gebe es keine gesicherten Erkenntnisse, sagt ein Polizeisprecher. «Wir haben derzeit keinen Hinweis auf seinen Aufenthaltsort.» Die Ermittler müssten nun alle «Puzzleteile zusammenstecken». Zeugen, die in unmittelbarer Nähe zum Geschehen waren, stünden unter Schock. «Die werden von uns im Augenblick professionell betreut und wir vernehmen diese natürlich, um da jetzt genauere Angaben zu bekommen.»
Polizei geht von Anschlag aus
Die Polizei stuft den Fall nicht mehr als Amoklage ein, sondern als Anschlag. Dafür spreche das zielgerichtete Vorgehen des Täters. Alexander Kresta, Sprecher der Polizei Wuppertal: «Der Angreifer hat wahllos mit einem Messer auf Menschen eingestochen. Deshalb gehen wir momentan von einem Anschlag aus.»
Derzeit gibt es keine Hinweise darauf, dass an der Messerattacke mehrere Personen beteiligt waren. Die Polizei glaubt, dass ein Einzeltäter hinter dem Anschlag steckt.
Stadt bricht Jubiläumsfest ab
Laut «Solinger Tageblatt» haben die Behörden die Solingerinnen und Solinger gebeten, die Innenstadt zu verlassen. Das Jubiläumsfest wurde abgebrochen. Die für Samstag und Sonntag geplanten Programmpunkte werden abgesagt, wie die Stadt mitteilt.
Sirenen sind rund um die Innenstadt zu hören. Tausende Besucher folgten der Aufforderung, den Platz ruhig zu verlassen und nicht in Panik zu verfallen.
Mehrere Menschen schwer verletzt
Bei den Todesopfern handelt es sich laut dem Innenministerium des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen um eine Frau und zwei Männer aus Solingen und Düsseldorf. Sie waren Besucher des Jubiläumsfests.
Philipp Müller, einer der Mitorganisatoren des Stadtfestes, erklärte dem «Solinger Tageblatt» zufolge auf der Bühne, dass der Rettungsdienst um das Leben von neun Menschen kämpfe. Zur Zahl der Verletzten gibt es derzeit unterschiedliche Angaben. Offenbar wurden mehrere Menschen schwer verletzt.
Aus Anlass des 650. Geburtstags der Stadt Solingen hatte am Freitag ein «Festival der Vielfalt» begonnen. Es sollte bis Sonntag dauern. Solingens Oberbürgermeister Tim Kurzbach reagiert erschüttert auf die Messerattacke: «Heute Abend sind wir alle in Solingen in Schock, Entsetzen und grosser Trauer», schreibt der SPD-Politiker auf der Facebook-Seite der Stadt. «Es zerreisst mir das Herz, dass es zu einem Attentat auf unsere Stadt kam. Ich habe Tränen in den Augen, wenn ich an diejenigen denke, die wir verloren haben. Ich bete für alle, die noch um ihr Leben kämpfen.»