Syrien versucht, Isolation zu beenden
Zwingt das Erdbeben den Westen dazu, mit Diktator Assad zu verhandeln?

Der syrische Präsident Baschar al-Assad will vom Erdbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet profitieren. Gelingt es ihm gar, die internationale Isolation seines Landes zu beenden? Das sagen Experten.
Publiziert: 14.02.2023 um 21:27 Uhr
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Der syrische Machthaber Baschar al-Assad im Erdbebengebiet.
Foto: IMAGO/ITAR-TASS/ Sipa USA
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Marian NadlerRedaktor News

Der syrische Diktator Baschar al-Assad (57) will das Erdbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet für sich nutzen: Er will die internationale Isolation Syriens beenden und macht sich stark für das Ende der gegen sein Regime verhängten Sanktionen. Der Diktator träumt von einer Rückkehr auf die internationale Bühne.

Das syrische Parlament hat die internationale Gemeinschaft in der vergangenen Woche aufgefordert, «die ungerechte Belagerung und die einseitigen Zwangsmassnahmen, die dem syrischen Volk auferlegt wurden, sofort und dringend aufzuheben».

Die grosse Frage ist nun: Wie reagiert der Westen auf Assads Pläne? Experten sind geteilter Meinung. Fest steht: Für Assad steht nicht die Katastrophenhilfe im Vordergrund.

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Keine Hilfe aus der Türkei

«Der Westen sollte Assad dazu drängen, dass die humanitäre Hilfe alle vom Beben betroffenen Syrer ungehindert und ohne Umleitung dieser Hilfe erreicht», sagt der deutsche Nahost-Experte Heiko Wimmen (56) zu Blick. Wimmen ist Projektleiter für Syrien bei der NGO International Crisis Group (ICG). ICG setzt sich für Kriegsprävention und eine friedliche Welt ein.

Zwischen dem Westen und dem Assad-Regime gebe es nach Jahren der Menschenrechtsverletzungen wenig zu besprechen. Er sieht eher den arabischen Raum in einer Handlungsposition. Manche Länder «könnten die aktuelle Situation nutzen, um einige Schritte zur Rehabilitierung von Assad zu unternehmen, die sie schon seit langem anstreben».

Auf Hilfe aus der Türkei braucht Assad laut Wimmen nicht zu hoffen. «Die Türkei kontrolliert de facto einige der vom Beben betroffenen syrischen Gebiete. Sie sollte Hilfe dorthin bringen, aber in Wirklichkeit scheint sie völlig überfordert zu sein und kaum in der Lage, sich um ihre eigenen Opfer und Bedürftigen zu kümmern», analysiert er.

Assads perfide Strategie

Eine Rehabilitation Assads hätte aus Wimmens Sicht eine verheerende Signalwirkung für andere Diktatoren. «Die Folge könnten mehr Kriege sein, die wiederum mehr Flüchtlinge hervorbringen», erklärt der Syrien-Kenner.

Carsten Wieland (51), Syrien-Experte und ehemaliger Uno-Berater im Friedensprozess zu Syrien, merkt gegenüber Blick an, dass der Westen weiterhin versuche, über den Uno-Sicherheitsrat Zugeständnisse und Zugänge von Assad zu bekommen, obwohl dies aus Sicht des modernen Völkerrechts nicht zwingend notwendig sei bei einer humanitären Krise wie dieser.

«Humanitäre Hilfe ist bedingungslos und kein Verhandlungsprozess», stellt er klar. Assad bekämpfe seine Gegner seit Jahren auch damit, dass er humanitären Zugang verweigere. Das Erdbeben könnte der Weltöffentlichkeit diese perfide Strategie Assads wieder ins Bewusstsein rufen.

Rechtsruck in Teilen Europas

Sollte der Westen eine Normalisierung der Beziehungen einleiten, wäre das aus Wielands Sicht fatal. «Es würde Diktatoren überall auf der Welt signalisieren, dass sie ohne Konsequenzen ihre Bevölkerung abschlachten und das Land zerstören können – und im Anschluss gibt es noch gratis Geld für den Wiederaufbau», betont er. «Das wäre zudem das Ende des politischen Prozesses bei den Vereinten Nationen, um Reformen in Syrien zu bewirken.»

Der Politikwissenschaftler André Bank bewertet die Lage gänzlich anders. Er will nicht ausschliessen, dass es zu Gesprächen kommt. «Einige Länder wie Polen und Ungarn signalisieren Verständigungsbereitschaft Richtung Syrien», erläutert er gegenüber der «Deutschen Welle». Auch der Rechtsruck in Italien und Schweden könnte «zu einer verstärkten Akzeptanz Assads und seines Regimes führen», sagt Bank.

Die USA sind bereits einen Schritt weiter. Sie erlaubten für 180 Tage Finanztransaktionen nach Syrien. So soll sichergestellt werden, dass die Hilfe nicht durch Sanktionen behindert wird.

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