Vor allem die Sommerhitze mit Temperaturen von mehr als 50 Grad habe die Not vergrössert. «Ein Vater, dessen Tochter vor zwei Monaten geboren wurde, musste mit ansehen, wie sie langsam stirbt», sagte IKRK-Sprecherin Ingy Sedky.
Nach Angaben des UNO-Nothilfebüros (OCHA) sind seit April fast 225'000 Menschen vor den Kämpfen in der Region geflohen. Viele sind in Lagern untergekommen, die von einem Kurden-Bündnis kontrolliert werden, das in Al-Rakka gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) kämpft.
Alle Menschen, die sie bei einem Besuch in mehreren Lagern getroffen habe, seien unter Lebensgefahr aus dem Kampfgebiet geflohen, erklärte Sedky. So habe ihnen gedroht, beschossen zu werden.
«Die Menschen mussten über Stunden unter der brennenden Sonne über vermintes Gebiet laufen», sagte sie. Viele hätten auf der Flucht Verwandte verloren.
Die Geflohenen seien völlig erschöpft und mit nichts in den Lagern angekommen, erklärte die IKRK-Sprecherin. Dort hätten einige erst nach zehn Tagen ein Zelt bekommen und solange unter freiem Himmel leben müssen. Vor allem Kinder litten unter Durchfall, viele hätten Läuse.
Auch die Berichte über die Lage in Al-Rakka seien erschütternd, sagte Sedky. Nach UNO-Schätzung sind in der umkämpften Stadt noch rund 25'000 Zivilisten eingeschlossen. Es gebe einen massiven Mangel an Trinkwasser, Lebensmitteln und Medizin, teilte OCHA mit.
Sedky sagte, die Menschen steckten in einer ausweglosen Klemme. Sie versuchten verzweifelt, unter dauernden Luftangriffen, Artilleriebeschuss und Feuer von Scharfschützen am Leben zu bleiben.
Al-Rakka ist seit der Rückeroberung Mossuls im benachbarten Irak die letzte bedeutende IS-Hochburg. Ein von der Kurdenmiliz YPG angeführtes Bündnis hatte im Juni eine Offensive begonnen. Es kontrolliert mittlerweile rund die Hälfte der Stadt. Die US-geführte Anti-IS-Koalition unterstützt die Offensive aus der Luft.