Sie schoben Absperrungen zur Seite und stürmten los. Ein wütender Mob versuchte, den Reichstag in Berlin einzunehmen. Eine wilde Mischung aus Corona-Ignoranten, Impfgegnern, Neonazis und Reichsbürger. Sie alle haben die Schnauze voll von der Regierung – und machten ihrem Ärger am Samstag ordentlich Luft. Rund 400 Menschen versammelten sich am Abend, um den Reichstag zu stürmen.
Der Augenblick war günstig. Nur wenige Einsatzkräfte und ein paar Absperrungen – scheinbar leichtes Spiel für die pöbelnde Meute. Bis vor die Eingangstüren des Regierungsgebäudes kamen sie. Dort stellten sich drei tapfere Polizisten dem Mob entgegen. Videos, die auf den sozialen Medien, kursieren zeigen, wie die Beamten den Reichstag verteidigen.
Sie hielten den Mob in Schach
«Zurück! Zurück!», ruft ein Polizist mit Schlagstock in der Hand immer wieder der Menge entgegen, die wild durcheinander schreit – und hält so die Horde in Schach. Auch seine zwei Kollegen lassen niemanden durch. Die Stimmung ist aufgeheizt. «Wir sind das Volk», rufen einige, andere lärmen «Widerstand». Dann rückt endlich Unterstützung an. Gemeinsam mit anderen Polizisten drängen sie den Mob zurück.
Die Beamten vom Reichstag gehören zur Berliner Polizei. Sie sind Zugführer der 5. Alarmhundertschaft, wie die «Bild» berichtet. «Die drei sind im Alltag normale Abschnittskräfte», sagt einer ihrer Kollegen zur deutschen Zeitung. Für ihren mutigen Einsatz wurden sie von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (64) für ein Treffen eingeladen. Einige Politiker fordern nun ein Bundesverdienstkreuz für das tapfere Trio.
«Wir können nicht immer überall präsent sein»
Warum die Berliner Polizei, die den ganzen Tag lang 3000 Beamte aus verschiedenen Bundesländern dirigierte, ausgerechnet vor dem Reichstag so peinlich überrascht und überrannt wurde, ist bislang unklar. Der Präsident und Hausherr des Bundestags, Wolfgang Schäuble (77), fordert eine schnelle Aufarbeitung.
Polizeisprecher Thilo Cablitz sagte am Samstag nach der Beinahe-Stürmung des Reichstages: «Wir können nicht immer überall präsent sein, genau diese Lücke wurde genutzt, um hier die Absperrung zu übersteigen, zu durchbrechen.»
Innensenator Geisel ging gar nicht erst näher auf die gravierende Panne ein. Er sieht sich bestätigt, weil er vor demonstrierenden Rechtsextremisten gewarnt hatte. Die Polizei habe «diesen Spuk schnell beendet», erklärt er dann.
Insgesamt wurden an dem Tag 33 Polizisten verletzt und 316 Menschen festgenommen. Dabei ging es um Angriffe auf Polizisten, Widerstand, Gefangenenbefreiung, Beleidigung, Körperverletzung und Verstösse gegen das Waffengesetz. (jmh/SDA)
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