Ein Team um Armin Falk von der Universität Bonn hatte dafür Antworten von fast 130'000 Menschen ab 15 Jahren aus 125 Ländern ausgewertet. 86 Prozent der Befragten gaben laut Studie an, dass die Menschen in ihrem Land versuchen sollten, etwas gegen die globale Erwärmung zu tun. In 119 der 125 Länder befürworten dies mehr als zwei Drittel der Befragten. 89 Prozent fordern ein stärkeres Handeln ihrer Regierung gegen den Klimawandel.
«Unsere Ergebnisse zeigen eine breite Unterstützung für Klimaschutzmassnahmen», schreibt die Gruppe im Journal «Nature Climate Change». Menschen in besonders durch den Klimawandel gefährdeten Ländern zeigten eine besonders hohe Bereitschaft, selbst einen Beitrag für den Klimaschutz zu leisten.
Pessimistische Sicht auf Mitmenschen
«Trotz dieser ermutigenden Zahlen dokumentieren wir, dass sich die Welt in einem Zustand pluralistischer Ignoranz befindet, in dem die Menschen weltweit systematisch die Bereitschaft ihrer Mitbürger zum Handeln unterschätzen», schreiben die Forscher.
Denn obwohl 69 Prozent angaben, sie wären bereit, ein Prozent für Klimaschutz spenden, glaubten alle Befragten im Schnitt, dass dies nur 43 Prozent ihrer Mitmenschen wären. Dieser Pessimismus hinsichtlich der Unterstützung anderer für den Klimaschutz könne Menschen davon abhalten, sich am Klimaschutz zu beteiligen, und somit die negativen Überzeugungen anderer bestätigen, schreiben die Forscher.
Die Umfrage erfolgte im Rahmen der Gallup World Poll 2021 und 2022. Die einbezogenen Länder sind für 96 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich und haben 92 Prozent der Weltbevölkerung.
Geringe Bereitschaft in Russland
Dabei zeigten sich grosse Unterschiede in den Ländern bei der Bereitschaft, ein Prozent des Haushaltseinkommens für den Klimaschutz zu geben: Mit 40 bis 49 Prozent der Bevölkerung war die Bereitschaft etwa in den USA, Kanada, und Russland relativ klein. Mit 60 bis 69 Prozent lagen Deutschland, Polen, Brasilien und Indien im Mittelfeld. Relativ gross war die Bereitschaft, ein Prozent zu geben, in China.
«Grundsätzlich ist die methodische Durchführung sehr sauber und gut», kommentierte Christine Merk vom Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel die Studie. Die hohen Zustimmungswerte in asiatischen Ländern könnten auf tatsächlichen kulturellen Unterschieden in der Einstellung beruhen. Sie könnten jedoch auch durch die stärkere Neigung herrühren, in Befragungen zustimmend zu antworten.
Die Frage nach der Spendenbereitschaft sei zudem sehr hypothetisch, sagte Merk. «Und es fehlt der Bezug zu der Summe, die die Befragten jeden Monat bezahlen müssten, und besonders bei so einfach gestellten Fragen muss man davon ausgehen, dass die Bereitschaft einen Beitrag zu leisten und dessen Höhe überschätzt werden.»
Denkanstoss für Entscheidungsträger
Julian Sagebiel vom Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) in Leipzig sieht einiges ähnlich: «Einerseits haben die Befragten keine Anreize, wahrheitsgemäss zu antworten.» Andererseits werde nicht definiert, was Erderwärmung bekämpfen bedeute. «Die Studie ist dennoch sehr wertvoll, methodisch sauber durchgeführt, und statistisch korrekt ausgewertet.»
Die Ergebnisse sollten Entscheidungsträgern und -trägerinnen zu denken geben. «Allerdings sollten sie auf keinen Fall genutzt werden, um Budgets für den Klimaschutz festzulegen», betonte Sagebiel. «Ja, die Menschen wollen etwas gegen den Klimawandel tun, aber wie viel sie bereit sind, von ihrem Einkommen wirklich aufzugeben, wissen wir auch nach dieser Studie immer noch nicht.»
«Insgesamt geben die Umfrageergebnisse Anlass zur Hoffnung, dass die Staats- und Regierungschefs und Entscheidungsträger der Welt auf die Mehrheit der Bevölkerung hören und mehr Mut haben könnten, strenge politische Massnahmen und Vorschriften zum Ausstieg aus fossilen Brennstoffen und zur Förderung erneuerbarer Energien umzusetzen», resümierte Ilona Otto von der Universität Graz. «Die Bereitschaft, einen Teil des Einkommens zur Bekämpfung des Klimawandels beizutragen, ist natürlich ein gutes Signal, aber tatsächlich müssen wir bereit sein für tiefgreifende soziale Veränderungen in unseren Routinen, Verhalten, sozialen Normen sowie in Politik und Infrastruktur.»
(SDA)