Eigentlich hätten sich die grossen deutschen Parteien bis allerspätestens Donnerstagabend einigen wollen. Doch letzte Nacht um 4.15 Uhr – nach 15 Stunden Verhandlungen – wurde der Regierungspoker um die Jamaika-Koalition vertagt. Seit heute um 11 Uhr laufen die Gespräche wieder, damit Deutschland und Kanzlerin Angela Merkel endlich ihre Regierung bekommen.
Wie lange die Verhandlungen noch dauern, steht in den Sternen. Die Fronten scheinen verhärtet. Der Vize-Präsident der FDP sagte laut «Bild»: «Jetzt haben wir vier Wochen geredet und sind bei null, vielleicht bei eins, und ich muss jetzt im Fernsehen erzählen: ‹Alles ist toll›. Mich frustriert das hier extrem.»
Erst wenn die Parteivertreter der Christdemokraten (CDU), Christsozialen (CSU), Liberalen (FDP) und Grünen sich bei den Grundsatzfragen einig werden, können die wirklichen Koalitions-Verhandlungen beginnen. Eine solche Zusammensetzung hat es noch nie gegeben, entsprechend schwierig stellt sich die Konsensfindung dar.
Diese Punkte machen die Verhandlungen so besonders zäh:
Flüchtlingspolitik
Anerkannte Flüchtlinge dürfen ihre Ehepartner und minderjährigen Kinder aus dem Ausland nach Deutschland holen, anerkannte minderjährige Flüchtlinge ihre Eltern. Zuwanderer mit eingeschränktem Schutzstatus haben dieses Recht seit März 2016 nicht mehr.
CSU und CDU wollen diesen bis März 2018 befristeten Stopp verlängern – die Grünen wollen die Regelung auslaufen lassen und den Nachzug wieder ermöglichen.
Steuer-Zuschlag
Ab einem bestimmten Einkommen müssen die Deutschen einen Solidaritäts-Steuerzuschlag von 5,5 Prozent des Steuerbetrags bezahlen. Die Parteien haben sich offenbar darauf geeinigt, dass dieser Zuschlag abgebaut werden soll.
Wie schnell und in welchen Schritten, darüber streiten sich die Parteien aber noch. Nicht alle Parteien sind mit den drei vorgesehenen Entlastungs-Etappen einverstanden.
Klimaschutz
Die Grünen pochen darauf, die nationalen Klimaziele 2020 zu erreichen. Die CSU soll ihnen angeboten haben, bis 2020 mehr als die bisher offerierten drei bis fünf Gigawatt Leistung an Kohlestrom vom Netz zu nehmen. Es ist von sieben Gigawatt die Rede.
Das sei aber zu wenig, finden die Grünen – es brauche eine Abschaltung in der Grössenordnung von acht bis zehn Gigawatt, um die Ziele zu erreichen. (rey)