450 Flüchtlinge wurden auf dem Mittelmeer gerettet. Erneut ist dabei ein Streit entbrannt, welches Land die Bootsflüchtlinge aufnehmen soll. Nun hat Italien von Malta und Frankreich die Zusage erhalten, dass sie einen Teil der Flüchtlinge aufnehmen. Das behauptet jedenfalls der italienische Ministerpräsident auf Facebook.
Die beiden EU-Länder hätten sich bereit erklärt, jeweils 50 der 450 Migranten aufzunehmen, teilte Conte am Samstagabend auf seiner Facebook-Seite mit. «Sehr bald werden Zusagen anderer europäischer Länder eintreffen«, fügt er hinzu.
Die Vereinbarungen mit Malta und Frankreich seien «nach einem Tag telefonischer und schriftlicher Kontakte mit allen 27 europäischen» Staats- und Regierungschefs zustande gekommen, erläuterte Conte. Er habe ihnen «die Logik und den Geist des Teilens in den Schlussfolgerungen» des EU-Gipfels Ende Juni in Erinnerung gerufen.
Conte fügte der Mitteilung einen Brief bei, den er an EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, EU-Ratspräsident Donald Tusk sowie an alle Staats- und Regierungschefs der EU adressiert hatte.
Darin heisst es, da Italien «immer an vorderster Front» bei der Rettung von Menschen auf dem Meer stehe, fordere er «ein klares Zeichen» für eine Lastenteilung in der EU und die Bereitschaft, «die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, einen Teil der rund 450 geretteten Personen in einem Hafen zu empfangen oder sie aufzunehmen».
Zwei Schiffe der EU-Grenzschutzbehörde Frontex hatten am Samstag die rund 450 Flüchtlinge aus prekärer Lage von einem Holzboot im Mittelmeer gerettet und in italienische Gewässer gebracht. Der rechtsgerichtete italienische Innenminister Matteo Salvini weigerte sich aber, sie ins Land zu lassen, und kündigte an, die Flüchtlinge nach Malta oder zurück nach Libyen zu schicken.
Bereits am Freitag hatte Rom die maltesische Regierung dazu bringen wollen, das überladene Holzschiff bei sich anlegen zu lassen. Malta argumentierte aber, das Schiff befände sich näher an italienischem als an maltesischem Staatsgebiet. Zudem würden die Menschen an Bord lieber nach Italien einreisen.
Die EU-Grenzschützer von Frontex retteten die Flüchtlinge dann am Samstag von dem Holzboot und verteilten sie auf ihre beiden Schiffe. Acht Frauen und Kinder wurden zur medizinischen Behandlung auf die italienische Insel Lampedusa gebracht.
Italien und Malta haben in den vergangenen Wochen wiederholt über die Zuständigkeit für Flüchtlingsschiffe gestritten. Im vergangenen Monat musste Malta das Flüchtlings-Hilfsschiff «Lifeline» mit 234 Menschen an Bord anlegen lassen. Tage zuvor hatten Italien und Malta das Rettungsschiff «Aquarius» mit 630 Flüchtlingen an Bord zurückgewiesen, so dass es nach Spanien umgelenkt werden musste.
Salvini will die Zahl der in Italien ankommenden Flüchtlinge auf Null senken. Im Juni hatte er entschieden, dass Schiffe von Hilfsorganisationen mit Flüchtlingen an Bord nicht mehr in italienischen Häfen anlegen dürfen.
Italien ist das Hauptankunftsland für Flüchtlinge, die von Afrika aus über das Mittelmeer in die EU gelangen. Bei ihrem Gipfel Ende Juni hatte die EU Beschlüsse gefasst, die darauf abzielen, Flüchtlingen den Weg nach Europa zu erschweren. Italien hatte darauf gedrungen, dass die übrigen Mitgliedsländer dem Land an der Aussengrenze Europas mehr Flüchtlinge abnehmen und sich an der Aufnahme aus Seenot geretteter Menschen beteiligen.
Nach internationalem Recht können Migranten nicht an Orte zurückgebracht werden, an denen ihr Leben in Gefahr ist. Sowohl die Vereinten Nationen als auch die EU haben festgestellt, dass Libyen nicht sicher ist. Salvini hatte deshalb die EU-Innenminister beim Treffen in Innsbruck gedrängt, das nordafrikanische Land zu einem sicheren Ort zu erklären.
Laut der EU-Aussenbeauftragten Federica Mogherini sind in den vergangenen Monaten rund 20'000 Migranten mit internationaler Unterstützung freiwillig aus Libyen in ihre Heimat zurückgekehrt.
Mogherini, die am Samstag Libyen besuchte, eröffnete dort eine EU-Vertretung und eine EU-Grenzschutz-Unterstützungsmission. Die EU sei der grösste Geber humanitärer Hilfe sowie der grösste Unterstützer von Uno-Programmen und der wichtigste Wirtschaftspartner des Landes, erklärte sie.
In Libyen herrschen seit dem Sturz von Muammar al-Gaddafi 2011 chaotische Zustände, die international anerkannte Regierung hat kaum Macht im Land. Auch deshalb ist das Land Startpunkt für Tausende Migranten, die einen Weg über das Mittelmeer nach Europa suchen. (SDA)