Die Christdemokraten der deutschen Kanzlerin Angela Merkel haben die Landtagswahl im Bundesland Nordrhein-Westfalen klar gewonnen. Nach ersten Hochrechnungen deutete vieles darauf hin, dass es in NRW nun zum ersten Mal eine grosse Koalition geben dürfte.
Sollte die Linke den Einzug in den Landtag verpassen, wäre sogar eine «schwarz-gelbe» Mehrheit von CDU und Liberalen denkbar.
Die regierenden Sozialdemokraten mussten in ihrem Stammland schwere Verluste einstecken. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft erklärte ihren Rücktritt als SPD-Landeschefin und SPD-Bundesvize. Die Wahlen galten als Stimmungstest vor der nationalen Parlamentswahlen am 24. September. Für den SPD-Hoffnungsträger und Kanzlerkandidaten Martin Schulz ist das Ergebnis katastrophal.
Nach Hochrechnungen der TV-Sender ARD und ZDF kam die CDU mit Spitzenkandidat Armin Laschet auf 33,0 bis 33,5 Prozent (2012: 26,3). Die SPD sackte von 39,1 auf 30,8 bis 31,1 Prozent ab.
Dritter wurde die FDP (Liberale) mit 12,1 bis 12,5 Prozent (2012: 8,6). Die mitregierenden Grünen fielen von 11,3 auf 6,1 Prozent. Die Linke könnte mit 4,9 Prozent in den Hochrechnungen vom Wahlabend den Einzug ins Parlament verpassen. Die rechtspopulistische AfD zieht mit 7,4 bis 7,6 Prozent neu in den Landtag ein.
Die CDU käme im Landtag auf 66 bis 67 Sitze, die SPD auf 63, die FDP auf 24 bis 25, die Grünen auf 12 und die AfD auf 15 Mandate.
Die Wahlbeteiligung lag laut ZDF bei 66 Prozent, deutlich höher als 2012 (59,6 Prozent). Die Zahl liegt im Trend, denn auch bei den anderen Landtagswahlen 2016 und 2017 war in Deutschland eine höhere Beteiligung verzeichnet worden.
Die CDU als stärkste Partei könnte eine knappe Mehrheit mit der FDP erreichen, falls die Linke an der Fünf-Prozent-Hürde scheitert. FDP-Spitzenkandidat Christian Lindner sagte jedoch, eine «schwarz-gelbe» Mehrheit hiesse nicht, dass es eine «schwarz-gelbe» Regierung gebe. «Ich bin nämlich nicht der Wunsch-Koalitionspartner von Herrn Laschet und er nicht meiner», versicherte er.
Am wahrscheinlichsten wäre ansonsten eine grosse Koalition aus CDU und SPD (Schwarz-Rot). Denkbare Dreierbündnisse aus einer grossen und zwei kleinen Parteien waren vor der Wahl von jeweils einem der potenziellen Partner ausgeschlossen worden.
Schulz sprach von einer «krachenden Niederlage», die seine Partei in seinem Heimatbundesland hinnehmen musste. «Das ist ein schwerer Tag für die SPD und auch ein schwerer Tag für mich persönlich», sagte Schulz.
Kraft gratulierte Laschet zum Wahlerfolg. Sie erklärte dann, mit sofortiger Wirkung ihr Amt als Landesvorsitzende der SPD und als stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende niederzulegen. Hocherfreut dagegen Wahlsieger Laschet: «Wir hatten zwei Wahlziele: Rot-Grün zu beenden und stärkste Partei zu werden. Beides haben wir erreicht», sagte er.
Für die SPD ist es nach den Wahlen in Saarland im März und in Schleswig-Holstein am vergangenen Sonntag die dritte Niederlage bei Landtagswahlen in Folge. Nach der Nominierung des früheren EU-Parlamentspräsidenten Schulz Anfang des Jahres als Kanzlerkandidat hatte sie zunächst einen Höhenflug in den Umfragen erlebt, der aber schon bald wieder abflaute.
In nationalen Umfragen liegen die Christdemokraten von Bundeskanzlerin Angela Merkel schon wieder weit vor der SPD. Die CDU-Vorsitzende kämpft bei der Bundestagswahl um eine vierte Amtszeit als deutsche Regierungschefin.
Nordrhein-Westfalen mit seinen industriellen Zentren ist eine traditionelle SPD-Hochburg. In den vergangenen 50 Jahren hatte die CDU nur fünf Jahre lang (2005-2010) den Ministerpräsidenten im bevölkerungsreichsten deutschen Bundesland gestellt.
Wichtige Wahlkampfthemen waren die im Vergleich zu anderen Bundesländern mässige wirtschaftliche Entwicklung in Nordrhein-Westfalen, der Zustand des Strassennetzes, die Bildungspolitik und die hohe Einbruchskriminalität.
Im Zusammenhang mit den Übergriffen auf Frauen in der Kölner Silvesternacht 2015/16 gab es heftige Vorwürfe an Innenminister Ralf Jäger (SPD). Die Opposition warf den Behörden ausserdem Versäumnisse im Umgang mit dem späteren Berliner Weihnachtsmarkt-Attentäter Anis Amri vor, weil er 2016 nicht abgeschoben oder in Haft genommen wurde. (SDA)