Ultranationalist Sinan Ogan (54) sagt Recep Tayyip Erdogan (69) seine Unterstützung für die Stichwahl in der Türkei zu. Er war der Drittplatzierte des Durchgangs.
«Ich rufe die Wähler, die im ersten Wahlgang für uns gestimmt haben, auf, im zweiten Wahlgang für Erdogan zu stimmen», sagte Ogan am Montag in einer im Fernsehen übertragenen Ansprache. Damit steigen die Chancen auf einen Wahlsieg für den Favoriten Erdogan weiter.
Ogans Wähler entscheiden über Sieg
Ogan hatte vor seiner Wahlempfehlung mit beiden Stichwahl-Kandidaten gesprochen. Zu den Verhandlungen zu seiner Wahlempfehlung sagte Ogan, dass es für ihn vor allem um folgende Forderungen gegangen sei: «Der Terrorismus wird bekämpft, es wird ein Zeitplan für die Rückführung von Flüchtlingen aufgestellt und die staatlichen Institutionen der Türkei werden gestärkt.»
Bei der Stichwahl um das Präsidentenamt stehen sich am Sonntag Amtsinhaber Erdogan und Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu (74) gegenüber. Erdogan hatte im ersten Wahldurchgang mit 49,5 Prozent die Mehrheit nur knapp verfehlt, Kilicdaroglu kam auf 44,9 Prozent der Stimmen. Kilicdaroglu hatte damit 2,5 Millionen Stimmen weniger als Erdogan. Ogan erhielt am 14. Mai 5,2 Prozent der Stimmen und damit die Unterstützung von rund 2,8 Millionen Wählern.
Ogans Stimmenanteil ist ein Zeichen für die wachsende Stärke der Nationalisten in der Türkei, die bei den Parlamentswahlen am selben Tag nach den offiziellen Zahlen insgesamt 22 Prozent der Wählerstimmen erhielten – verteilt auf mehrere Parteien.
Junge wählen Ultranationalisten
Ogan führt seinen Erfolg auf die Unterstützung von Nationalisten, Kemalisten – also Anhänger des Staatsgründers Kemal Atatürk – und jungen Leuten zurück. «Sie finden uns modern», sagte er der Nachrichtenagentur AFP. Indem er sich an den laizistischen Prinzipien von Atatürk orientiert – der auch die sozialdemokratische, heute von Oppositionsführer Kilicdaroglu angeführte Partei CHP gründete – unterscheidet sich Ogan von Erdogan, dessen Partei im Islam verankert ist.
Kilicdaroglu zeigte sich kurz nach Ogans Wahlempfehlung unbeirrt. «Wir kommen, um dieses Land vor Terrorismus und Flüchtlingen zu retten», schrieb er im Onlinedienst Twitter. Zugleich rief er Menschen, die im ersten Durchgang nicht gewählt hatten, sowie alle jungen Menschen zum Urnengang auf.
Der Sozialdemokrat, der ein Bündnis von sechs Oppositionsparteien hinter sich vereint, hatte im Wahlkampf vor allem die Wiederherstellung der Demokratie in der Türkei in den Mittelpunkt gestellt. Nach dem ersten Wahldurchgang verschärfte er den Ton und warb mit der Ansage, er werde «alle Flüchtlinge nach Hause schicken» um nationalistische Wähler.
Ogans Aufruf ist keine Garantie für Stimmen
Die Wahlempfehlung Ogans war keine Überraschung – der Rechtsnationalist steht Erdogan politisch näher als Kilicdaroglu. Ob die Wähler, die im ersten Durchgang für Ogan gestimmt hatten, in der Stichwahl tatsächlich für Erdogan stimmen werden, bleibt allerdings abzuwarten. Bei vielen von ihnen handelt es sich um Protestwähler, die dem seit 20 Jahren regierenden Erdogan ihre Stimmen nicht geben wollen.
Ogans Aufruf zur Unterstützung Erdogans sei «keine Garantie» dafür, dass Ogans Wähler aus der ersten Runde diesem nachkommen würden, sagte entsprechend Hamish Kinnear von der Beratungsfirma Verisk Maplecroft der Nachrichtenagentur AFP. Allerdings sind viele politische Experten überzeugt, dass sich Erdogan auch ohne die Unterstützung der Ogan-Anhänger am Sonntag gegen Kilicdaroglu durchsetzen werde. (AFP)