Serbiens Ministerpräsidentin Ana Brnabic (43) eilt schnurstracks zu ihrem Platz. Den kosovarischen Präsidenten Hashim Thaci (50) würdigt sie bei der Abschlusserklärung des zweitägigen Balkan-Gipfels in Genf keines Blickes. Nicht, als er mit dem türkischen Aussenminister scherzend den Raum betritt und auch nicht, als er über die künftigen Beziehungen mit Serbien spricht.
Währenddessen tuschelt Serbiens Ministerpräsidentin gar mit ihrem albanischen Amtskollegen. Als Journalisten sie nach dem Stand der Verhandlungen und dem möglichen Gebietstausch mit dem Kosovo fragen, blockt Brnabic ab: «Ich bin hierhergekommen, um über Wirtschaft zu sprechen.»
Der Anlass zeigt: Die Luft zwischen Serbien und dem Kosovo bleibt dick. Und das, obwohl die westlichen Balkanländer auf Einladung des World Economic Forums beim Gipfeltreffen ihre Zusammenarbeit vertiefen und Differenzen überwinden wollten.
Auch Thaci setzt gegenüber der serbischen Regierungschefin auf eine starre Miene, zeigt sich aber gesprächsbereit: «Es ist notwendig, dass wir ein friedliches Abkommen erreichen. Verpassen wir die Chance dazu jetzt, verlieren wir wieder ein Jahrzehnt.»
Kosovo und Serbien könnten Grenzen verschieben
Kosovos Präsident hat zusammen mit dem serbischen Amtskollegen Aleksandar Vucic (48) den Plan eines möglichen Gebietsaustauschs geschmiedet. Daran hält er trotz Druck aus dem eigenen Land fest. Thaci: «Diejenigen, die unsere Bemühungen kritisieren, haben auch keine Alternativen im Angebot.»
Bei einem Gebietstausch könnte der Nordkosovo, in dem eine überwiegend serbische Minderheit lebt, an Serbien gehen – albanische Gebiete in Südserbien dafür an den Kosovo. Doch Gespräche in Brüssel Anfang September hatten beide Seiten kurzfristig abgesagt.
Am vergangenen Wochenende demonstrierten zudem Tausende Albaner in Pristina gegen Präsident Thaci. Sie forderten den Rückzug des Staatsoberhauptes von den Verhandlungen mit Serbien.
«Der Kosovo ist eine autonome Region von Serbien»
Das fast nur noch von Albanern bewohnte Kosovo fiel vor zehn Jahren von Serbien ab und ist heute von über 110 Ländern völkerrechtlich anerkannt. Serbien will seine frühere Provinz wieder zurückhaben.
Auch bei der Abschlusserklärung des Balkan-Gipfels betonte Serbiens Ministerpräsidentin, dass sie den Kosovo nur «als das anerkenne, was er ist: eine autonome Region von Serbien». Eine Aussöhnung im Kosovo-Konflikt ist für den EU-Kandidaten Serbien jedoch die zentrale Bedingung für die weitere Annäherung an Brüssel.