Stacey Abrams (47) drehte den Staat Georgia
Bei dieser Super-Wahlkämpferin muss sich Biden bedanken

Zehn Jahre lang kämpfte die Demokratin Stacey Abrams für den politischen Wandel in Georgia. Ihr nächstes Ziel: das Weisse Haus.
Publiziert: 06.01.2021 um 18:58 Uhr
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«Wir haben einige gute Chancen hier in Georgia», war sich Stacey Abrams sicher.
Foto: DUKAS
Fabienne Kinzelmann

Als Stacey Abrams (47) 2011 den Fraktionsvorsitz der Demokraten in Georgia übernahm, lag ihre Partei am Boden. Der Staat galt als tiefrot – eine republikanische Hochburg. Zuletzt hatte hier mit Bill Clinton (74) 1992 knapp ein demokratischer Präsidentschaftskandidat gewonnen.

Neun Jahre später ist alles anders: Joe Biden (78) hat hier den Sieg eingefahren – und beide Senatssitze in Georgia gehen voraussichtlich an die Demokraten. Die finalen Ergebnisse stehen noch aus, doch erste Medien wie das Onlineportal Vox haben den schwarzen Baptistenprediger Raphael Warnock (51) und den jungen Investigativjournalisten Jon Ossoff (33) bereits zu Wahlsiegern erklärt. Das würde bedeuten: Zwei Herausforderer ohne politische Erfahrung schlagen die beiden republikanischen Amtsinhaber in einem roten Staat. Und ausgerechnet diese beiden sichern den Demokraten auch noch die Kontrolle im Senat!

«Lasst uns die aussergewöhnlichen Organisatoren, Freiwilligen, Wahlwerber und unermüdlichen Gruppen feiern, die (...) nicht aufgehört haben, weiterzumachen», twitterte Stacey Abrams am Dienstagabend. Die führende Demokratin in Georgia muss sich vor allem selbst feiern: Ihr verdankt Joe Biden den fulminanten Erfolg – eher ein Marathon als ein Sprint.

Knapp verlor sie die Gouverneurswahl

Yale-Absolventin und Bürgerrechtlerin Abrams glaubte schon vor zehn Jahren fest daran, den republikanisch dominierten Staat drehen zu können. County für County nahm Abrams damals unter die Lupe. Zwei Dinge lernte sie: erstens, dass es viele unregistrierte Schwarze gibt, und zweitens, dass es nur 200'000 neue Wähler braucht, um den Staat zu drehen.

«Wir haben einige gute Chancen hier in Georgia, aber es braucht eine umsichtige Planung und Freunde ausserhalb der Landesgrenze», schrieb sie im Januar 2011 in einem E-Mail an den schwarzen Bürgerrechtler Steve Phillips. Mit einer 21-seitigen Powerpoint-Präsentation reiste sie quer durch die USA und sammelte Geld und Unterstützung für ihre Wahlrechtsorganisation Fair Fight. Als erste Frau und erste Schwarze stand sie damals an der Spitze einer Partei in Georgia, der Geburtsstätte von Martin Luther King.

Im Jahr 2018 wäre Abrams fast die erste schwarze Gouverneurin in Georgia geworden – die Afroamerikanerin verlor letztlich mit nur 55'000 Stimmen gegen den Republikaner Brian Kemp (57). Schon das war historisch. Und auch nach der Niederlage gab Abrams nicht auf. Bei der US-Wahl wurde Georgia dank der Wechselwähler in den Vorstädten und einer hohen Anzahl schwarzer Wähler das erste Mal seit Jahrzehnten wieder zum Swing State. Im Vorfeld warben Stacey Abrams und ein Netzwerk von Organisationen um mehr als 800'000 Neuwähler in Georgia.

Abrams will US-Präsidentin werden

Als Biden im Sommer seine Vizekandidatin wählte, wurde auch Abrams’ Name gehandelt. Doch die Fast-Gouverneurin hatte das Nachsehen – obwohl sie sich selbst offensiv ins Spiel brachte: «Ich wäre eine exzellente Running Mate.» Dass Joe Biden sie nicht wählte, steckte sie weg. Und machte auch nach der US-Wahl am 3. November unermüdlich weiter. Schon Tage vor der Stichwahl um die beiden Senatssitze lag die Zahl der Frühwähler deutlich höher als bei der Präsidentschaftswahl.

Nach dem unerwarteten Erfolg bei der Senatswahl kommt niemand mehr an Abrams vorbei. Als sicher gilt, dass sie 2022 bei der Gouverneurswahl in Georgia wieder antreten wird. Ihr Ziel verriet sie in einem Interview aber schon vor einem Jahr. Auf die Frage «Glauben Sie, dass Sie die Menschen in den nächsten 20 Jahren zur Präsidentin wählen?» antwortete sie: «Ja. Das ist mein Plan. Und ich bin sehr pragmatisch.» Dass ihre langfristigen Pläne erfolgreich sind, daran zweifelt nun wohl niemand mehr.


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