Schicksalswahl in Bayern
Diese Grüne ist der CSU-Schreck

Bei der Landtagswahl in Bayern werden die Christsozialen am kommenden Sonntag ihre absolute Mehrheit verlieren. Gewinner der Umfragen sind ausgerechnet die Grünen – mit ihrer bestechenden Spitzenkandidatin Katharina Schulze (33).
Publiziert: 10.10.2018 um 14:14 Uhr
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Aktualisiert: 15.10.2018 um 21:15 Uhr
Fabienne Kinzelmann

Sie ist erst 33, trinkt nicht besonders gerne Bier und macht in Bayern trotzdem genau den Wahlkampf, den die CSU hätte machen müssen: heimatverbunden, bürgernah, engagiert.

Seit die am Ammersee aufgewachsene Katharina Schulze Spitzenkandidatin der Grünen ist, hat sich die Partei in der Wählergunst kontinuierlich nach oben geschraubt. Aktuelle Umfragen sehen die Partei bei 18 Prozent. Damit wäre sie zweitstärkste Kraft. Tendenz: steigend. Die CSU liegt laut dem Wahlforschungsinstitut INSA aktuell nur noch bei 33 Prozent, gut 14 Prozentpunkte hinter dem Wahlergebnis von 2013.

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Heimatverbunden, nur mit Spezi statt Bier: Katharina Schulze (33).
Foto: Getty Images

Hilflose CSU, innovative Grüne

Am Sonntag ist in Bayern Landtagswahl. Und Ministerpräsident Markus Söder (51) hat auf dem Weg dahin so gut wie alles falsch gemacht. Monatelang befeuerte sein Vorgänger und CSU-Chef Horst Seehofer (69) von Berlin aus die Flüchtlingsdebatte. Er hoffte offenbar, damit die Ängste der Bayern schüren zu können. Nur, dass die offenbar gar nicht so ängstlich sind.

«Die Leute haben keine Lust mehr auf Hass und Hetze, Eskalation und ein ständiges Um-sich-selber-kreisen», sagte Katharina Schulze einen Monat vor der Landtagswahl in einer Fernsehdiskussion der Spitzenkandidaten. «Die wollen doch mal über die Themen reden, um die es wirklich geht.» Energiegeladen und engagiert zählte sie auf, was das für sie bedeutet: Klimakrise, bezahlbarer Wohnraum, die ungleiche Bezahlung von Männern und Frauen. 

Als die Schwesterpartei der CDU in den Umfragen abstürzte, versprach Söder in Bayern teure Geschenke: 6000 Euro für jedes Baby, einen Tausender für jeden Pflegebedürftigen. Das wirkte hilflos und wenig durchdacht. Kurz vor Schluss überraschte der Landesvater dann auch noch mit einem 700 Millionen Euro teuren Raumfahrtprogramm. Das notdürftig zusammengebastelte Logo der «Bavaria One – Mission Zukunft» zeigte sein Konterfei.

Sie kann auch Dirndl

Die grüne Spitzenkandidatin hingegen wirkt im besten Sinne wie eine Schülersprecherin, gilt auch über die Parteigrenzen hinaus als kompetent und engagiert. In ihrer Partei hat sie eine steile Karriere hingelegt. Als Studentin trat sie 2008 der Grünen Jugend bei, schon zwei Jahre darauf war sie Chefin der Grünen in München. Seit fünf Jahren sitzt die Wahlmünchnerin im Landtag, seit 2017 ist sie Fraktionschefin. 

Für Söders CSU ist Schulze auch deswegen so gefährlich, weil sie nicht nur klassische grüne Themen bespielt. Sie punktet nicht mit Veggieday und Anti-Kohle-Mantras, sondern im Bierzelt, wo sie dann etwa mehr Personal für die Polizei fordert, für das Klima und die Bienen kämpft. Sie wird nicht müde, zu betonen, worum es ihr letztlich geht: nämlich um «unser schönes Bayern».

Dass sie dabei lieber ein Spezi als Helles trinkt, ist für die bayerischen Wähler offenbar weit weniger entscheidend, als Seehofer und Söder sich das wünschen. Bei ihnen gehören Fotos in Lederhosen und mit Bierkrug zum Image. Tradition und Heimat sind für die CSU zentral. Schulze teilt auf Instagram gern fröhliche Fotos: lachend mit den Parteikollegen, beim Eis essen oder mit Küken auf dem Bio-Bauernhof. Auch der Polit-Star kann Dirndl, sie verkörpert ihre Ideen für den Bayern nur moderner und glaubwürdiger. 

«In ihren Reden voller Energie glänzte sie mit klaren Botschaften und einer greifbaren Persönlichkeit mit eindeutiger Positionierung», lobte sie jüngst Lisa Hilbich vom Verband der Redenschreiber deutscher Sprache (VRdS). Der Verband hat die Rhetorik der Spitzenkandidaten im Landtagswahlkampf bewertet. Die klare Siegerin auch hier: Katharina Schulze.

Der CSU steht ein Machtverlust bevor

Markus Söder steht am Sonntag eine gigantische Wahlschlappe bevor. Zwar wird seine Partei aller Voraussicht nach stärkste Kraft im Freistaat bleiben, ihm droht jedoch das schlechteste Ergebnis seit 1950. Erst zum zweiten Mal in sechzig Jahren müsste die Partei dann eine Koalition eingehen.

Doch für die künftige bayerische Landesregierung gibt es nur zwei Optionen: Eine Koalition mit der AfD – oder eben den Grünen. Eine Mehrheit hätte die CSU nach den aktuellen INSA-Zahlen weder mit einer bürgerlichen Dreierkonstellation mit FDP (5,5 Prozent) und den Freien Wählern (11 Prozent), noch mit der SPD (12 Prozent). Ein Bündnis mit der AfD, die aktuell auf 14 Prozent kommt, hat Söder bereits ausgeschlossen. Damit bleiben nur die Grünen, die als zweitstärkste Kraft aus der Wahl hervorgehen dürften. 

Ablösen könnte Schulze den ideenlosen Ministerpräsidenten jedoch in jedem Fall nicht persönlich: Für das höchste politische Amt in Bayern gilt eine Altersgrenze von 40 Jahren.

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