Ölverschmutzung abgewendet: Spezialkräfte haben in der Nacht auf Donnerstag ein verlassenes und antriebslos im Nordmeer schwankendes Frachtschiff gesichert. Nun wird es in den Hafen der norwegischen Stadt Ålesund geschleppt. Bergungsmannschaften sei es gelungen, an Bord der Eemslift Hendrika zu gelangen und das Schiff mit zwei Schleppern zu verbinden, teilte die norwegische Küstenwache mit.
Ganz reibungslos verlief die Sicherung des Geisterschiffs nicht. Der niederländische Frachter war am Montag in Seenot geraten. Die Eemslift Hendrika war von Bremerhaven nach Kolvereid in Norwegen unterwegs, als das Schiff bei stürmischem Wetter und heftigem Wellengang eine schwere Schlagseite bekam, nachdem sich Teile der Fracht verschoben hatten. Die zwölfköpfige Mannschaft setzte einen Notruf ab und wurde per Hubschrauber gerettet.
Vier Besatzungsmitglieder mussten noch über Bord springen , da die Wellen das Schiff während der Rettungsaktion stark zum Schaukeln brachten. Rettungsmannschaften bargen sie umgehend aus der eiskalten Nordsee. Filmaufnahmen der norwegischen Einsatzkräfte zeigten einen Mann mit einer orangefarbenen Rettungsweste, der vom Heck des Schiffs in die raue See sprang.
Ölkatastrophe verhindert
Seither trieb der verlassene Frachter mit defektem Motor vor der Küste Norwegens. Ein Kentern des Frachters wurde befürchtet. Vor der Sicherung des führerlos treibenden Frachters war angesichts des schlechten Wetters befürchtet worden, das 112 Meter lange Schiff der niederländischen Reederei Amasus Shipping mit 350 Tonnen Schweröl und 50 Tonnen Diesel an Bord könne auf Grund laufen - und sensible Naturgebiete in der Gegend verschmutzen.
Ursprünglich hatte die Eemslift Hendrika am Mittwoch aus der Bredouille geholt werden sollen. Wegen schlechten Wetters wurde die Aktion zunächst auf Donnerstag verschoben. Dann jedoch veränderten sich am Nachmittag und Abend nach Angaben der Küstenverwaltung die Bedingungen.
Frachter trieb immer weiter ab
Man machte sich Sorgen, dass der Frachter nicht auf dem zuvor berechneten Weg dahintreiben könnte - und startete doch noch einen weiteren Bergungsversuch. Zu diesem Zeitpunkt trieb das Schiff rund zehn Seemeilen (18,5 Kilometer) von der Küste entfernt. Laut Küstenverwaltung bedeutete das, dass es im Laufe von rund acht Stunden auf Land driften könnte.
Parallel bereitete man sich auf das schlimmste Szenario vor, dass die Eemslift Hendrika auf Grund laufen könnte. Ressourcen zur Bekämpfung von Ölverschmutzungen wurden mobilisiert. In der Region gebe es besonders verletzliche Naturgebiete, und man wolle nicht, dass diese der Belastung einer Ölverschmutzung ausgesetzt würden, sagte Bereitschaftsdirektor Hans-Petter Mortensholm.
Abschleppleinen befestigt
Im Laufe des Mittwochabends gelang es dann tatsächlich, die Besatzung des niederländischen Bergungsunternehmens Smit Salvage sowie einen Retter von einem Hubschrauber an Bord der Eemslift Hendrika zu bringen. Sie schafften es nach Angaben der Küstenverwaltung, das Schiff mit zwei Schleppern zu verbinden - sowohl am Bug als auch am Heck des Schiffes. Damit sei die Gefahr einer Grundberührung gebannt. Das Schiff werde nun über Breisundet nach Ålesund geschleppt. Die norwegische Küstenwache halte die Notfallbereitschaft aufrecht, bis das Schiff sicher angelegt habe.
Die Schlepper sind nach Angaben der Küstenverwaltung von der Reederei von der niederländischen Bergungsgesellschaft Smit Salvage gechartert worden. Smit Salvage ist eine Tochterfirma des Bergungsunternehmens Boskalis, das sich zuletzt auch um die Bergung der Ever Given im Suezkanal gekümmert hatte. (SDA/AFP/kes)