Allein in der Hauptstadt Barcelona marschierten den Veranstaltern zufolge eine halbe Million Menschen am katalanischen «Nationalfeiertag» (Diada). In weissen T-Shirts liefen sie in einem Meer katalanischer Fahnen auf der gesamten Breite einer grossen Strasse in Richtung Innenstadt.
Die Demonstranten skandierten Unabhängigkeitsparolen, stiessen laute Pfiffe aus, und einige von ihnen bildeten menschliche Pyramiden - in Katalonien eine Art Volkssport.
Der konservative katalanische Regierungschef Artur Mas strebt eine Unabhängigkeit innert 18 Monaten an und hofft auf ein «demokratisches Mandat» für die Loslösung Kataloniens von Spanien bei der regionalen Parlamentswahl am 27. September.
Die Verfechter des Vorhabens wollten mit der Grosskundgebung in Barcelona und Demonstrationen in anderen katalanischen Städte ihre Anhänger für die Regionalwahl mobilisieren, bei der sie sich eine Mehrheit der Mandate im Regionalparlament versprechen.
Mas plant Verhandlungen mit der Zentralregierung in Madrid über die Unabhängigkeit, wenn seine Mitte-rechts-Partei Convergència Democràtica de Catalunya (CDC) und die mit ihr in einem Wahlbündnis zusammengeschlossene linksnationalistische Partei Esquerra Republicana de Catalunya (ERC) die «plebiszitäre Abstimmung» in gut zwei Wochen gewinnen.
Die Pläne sorgen bereits seit Monaten für Spannungen mit der konservativen Zentralregierung von Ministerpräsident Mariano Rajoy, die eine Abspaltung Kataloniens ablehnt.
Wegen des Streits zerbrach im Juni auch die Regierungskoalition in Katalonien. Das seit dem Jahr 1978 bestehende Bündnis der CDC mit der Demokratischen Union Kataloniens (UDC) in der nationalistisch-konservativen Allianz für Konvergenz und Einheit (CiU) ist seitdem beendet.
Die traditionell gemässigtere UDC entschied sich nach einer Abstimmung ihrer Mitglieder, in der Frage der Unabhängigkeit einen moderateren Kurs als Mas' CDC zu verfolgen und sich mit der Zentralregierung zu verständigen.
Die alljährlich begangene Diada erinnert an die Eroberung Barcelonas am 11. September 1714 durch spanische und französische Truppen während des spanischen Erbfolgekriegs. Das Datum wird von vielen Katalanen als Schicksalstag betrachtet, an dem sie ihre Selbstbestimmung verloren.
Das reiche Katalonien mit seinen 7,5 Millionen Einwohnern liegt im Nordosten Spaniens und verfügt über ein eigenes Parlament und eine Regierung. Die autonome Region, die mit Katalanisch auch eine eigene Sprache hat, erwirtschaftet etwa ein Fünftel des spanischen Bruttoinlandsprodukts.
Besonders laut wurden die Rufe nach staatlicher Souveränität im Zuge der Finanzkrise und der im Jahr 2008 geplatzten Immobilienblase in Spanien. Zwar hatte sich Katalonien im Jahr 2006 schon zur «Nation» erklärt, doch das spanische Verfassungsgericht erkannte der Region diesen Status wieder ab.