Er habe einen Brief an den russischen Aussenminister Sergej Lawrow geschickt und die Einladung zur Fortsetzung des Dialogs wiederholt, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Donnerstag bei einer Pressekonferenz mit dem britischen Premierminister Boris Johnson in Brüssel. Es gehe darum, auf dem diplomatischen Weg voranzukommen.
Die aktuelle Lage mit dem russischen Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ukraine beschrieb Stoltenberg erneut mit düsteren Worten. «Dies ist ein gefährlicher Moment für die europäische Sicherheit», sagte er. «Die Zahl der russischen Soldaten steigt, die Vornwarnzeit für einen möglichen Angriff wird kürzer.»
Johnson warnte, Europa stehe «der gefährlichste Moment» seit Jahrzehnten bevor. Seiner Ansicht nach hat Russland noch nicht über einen Angriff entschieden. «Aber das heisst nicht, dass ausgeschlossen ist, dass sehr bald etwas absolut Katastrophales geschehen könnte», sagte der Premierminister. Johnson schloss auch weitere britische Truppenverstärkungen in Osteuropa nicht aus. Stoltenberg mahnte, weitere russische Aggressionen würden zu mehr Nato-Präsenz führen, nicht zu weniger.
Angesichts eines Aufmarschs von mehr als 100 000 Soldaten an der russischen Grenze zur Ukraine wird im Westen befürchtet, dass der Kreml einen Einmarsch in sein Nachbarland in Erwägung zieht. Für möglich wird allerdings auch gehalten, dass nur Ängste geschürt werden sollen, um die Nato-Staaten zu Zugeständnissen bei Forderungen nach neuen Sicherheitsgarantien zu bewegen. Moskau will die Nato dazu bringen, eine weitere Ostererweiterung und insbesondere eine Aufnahme der Ukraine auszuschliessen. Zudem verlangt Russland einen Rückzug von Nato-Truppen aus östlichen Bündnisstaaten. Einmarschpläne für die Ukraine werden hingegen regelmässig dementiert.
Der Nato-Russland-Rat ist das wichtigste Forum für Gespräche zwischen Moskau und dem Militärbündnis. Bei der ersten Tagung seit rund zweieinhalb Jahren hatten sich beide Seiten im Januar rund vier Stunden über den Ukraine-Konflikt und andere aktuelle Streitthemen ausgetauscht. Auf eine Einladung Stoltenbergs zu einer Reihe von weiteren Treffen hat Moskau bislang allerdings noch nicht reagiert.
(SDA)