SonntagsBlick in Paris
Hier schlägt das Herz von «Charlie Hebdo» weiter!

Acht Mitarbeiter von «Charlie Hebdo» starben beim Anschlag auf die Redaktion. Doch schon nächsten Mittwoch erscheint die nächste Ausgabe – nach dem Motto: «Jetzt erst recht!». SonntagsBlick war in der Not-Redaktion des Satire-Magazins.
Publiziert: 11.01.2015 um 17:30 Uhr
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Aktualisiert: 09.09.2018 um 17:20 Uhr
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Gérard Biard (r.) ist der neue Chefredaktor von «Charlie Hebdo». Der Anwalt der Satire-Zeitschrift, Richard Malka (l.), unterstützt die Redaktion.
Foto: AP

Über die Rue Béranger, einer schläfrigen Seitenstrasse der Place de la République in Paris, bricht am Freitag die Welt herein. Bei der Hausnummer 11, dem Redaktionsgebäude der linken Tageszeitung «Libération», versammeln sich Journalisten, Kameramänner, Fotografen. Sie wollen einen Blick erhaschen auf die Redaktoren und Karikaturisten des Satire-Magazins «Charlie Hebdo». 25 von ihnen haben Asyl beim «Libé» erhalten, wie die «Libération» heisst. Schwer bewaffnete Polizisten bewachen das Gebäude.

Drinnen halten Journalisten von «Charlie Hebdo» eine Redaktionssitzung, knapp 48 Stunden nachdem acht ihrer Freunde ermordet wurden. Weitermachen wollen sie, das nächste Heft herausbringen. Auch mit Witz. Um zu zeigen: «Charlie Hebdo» lebt.

Die Computer – gespendet von «Le Monde» – stehen im Sitzungssaal der «Libération». Eine Million Exemplare des Magazins sollen auf Mittwoch gedruckt werden – vor dem Attentat betrug die Auflage 60'000.

«Das wird kein Nachruf», sagte der neue Chefredaktor von «Charlie Hebdo», Gérard Biard (55). Es werde eine normale Ausgabe geben, mit allen Zeichnern, allen Journalisten und Mitarbeitern. Die achtseitige Ausgabe werde «normal» und «lustig» sein. So wie immer – «weil wir nichts anderes können».

An der nächsten Nummer arbeitet etwa der Zeichner Renald «Luz» Luzier (43). Er hat das Massaker überlebt, weil er verspätet war. Oder der Kolumnist Patrick Pelloux (52), der am Mittwoch als Erster am Tatort eintraf – und mit Erster Hilfe anderen das Leben rettete.

«Charlie Hebdo»-Anwalt Richard Malka (46) und der Chefredaktor von «Libération», Laurent Joffrin (62), treten vor die Presse. Die anwesenden Journalisten applaudieren. «Das bisschen Energie, die wenige Kraft, die wir noch haben – alles wird in die nächste Ausgabe reingehen», sagt Malka.

«Danke für euren Mut», ruft ein Journalist. Ein Mann hält ein Plakat in die Luft, es zeigt eine gemeinsame Titelseite von «Charlie Hebdo» und «Libération» aus dem Jahr 2011.

Damals musste die Satire-Zeitschrift bereits einmal gerettet werden. «Libération» gewährte «Charlie» wochenlang Unterschlupf. Ein Brandanschlag hatte am 2. November 2011 die Redaktion zerstört. Mutmasslicher Grund: ein «Charlie»-Titel, auf dem eine Karikatur des Propheten Mohammed sagt «100 Peitschenhiebe, wenn ihr nicht vor Lachen sterbt». Seit dem Anschlag lebte der am Mittwoch ermordete Cartoonist Stéphane «Charb» Charbonnier (†47) mit Polizeischutz.

Trotzdem publizierte er weitere Mohammed-Karikaturen, zeigte den Propheten schon mal nackt. Den Anschlag am Mittwoch sahen die Attentäter als Rache dafür.

Gezeichnet seien die «Charlie»-Journalisten, sagte der Auslands-Chef der «Libération», Marc Sémon (60): «Aber sie wissen, was auf dem Spiel steht.»  Nicht nur eine Million Exemplare wollen sie verkaufen. Das nächste Heft muss zum Symbol werden. «Sie machen alles, dass dies die bestmögliche Ausgabe wird.»

Und nicht die letzte bleiben wird. Google spendet 250'000 Euro, damit das Magzin überlebt, die britische Guardian-Mediengruppe 100'000 Pfund. Unterstützung kommt vom französischen Staat, den «Charlie Hebdo» oft kritisierte: Kulturministerin Fleur Pellerin (41) sagte eine Million Euro zu.

++ Lesen Sie die aktuellsten Entwicklungen zum Massaker in Paris in unserem News-Ticker ++

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