Er war gekommen, um seinem Präsidenten beizustehen. Und deshalb machte Jeff Sessions, als er sich am Dienstag im Senat den Fragen des Geheimdienstausschusses stellte, von Anfang an auf den freundlichen Grossvater von nebenan.
Die entspannte Körperhaltung und das entwaffnend freundliche Lächeln sollten nur eines signalisieren: Der US-Justizminister und Trump-Bewunderer hat sich nichts vorzuwerfen. Er selbst hat keine Fehler gemacht, sein Chef «mit Sicherheit» keine Gesetze gebrochen. Er sei, so Sessions, mit sich, seiner Amtsführung und vor allem seiner Rolle während des Wahlkampfs im vergangenen Jahr im Reinen.
Eine Woche nach der belastenden Aussage des von Trump gefeuerten FBI-Direktors James B. Comey vor demselben Gremium zeichnet sich damit die Verteidigungsstrategie des skandalgeplagten Präsidenten und seiner Regierung ab. Zugegeben wird nur, was absolut nicht mehr zu leugnen ist. Und selbst das wird hinterher zumindest teilweise wieder zurückgenommen.
Nebelwand aus Gerüchten und Halbwahrheiten
Einerlei, ob es sich um «leider nicht mehr erinnerte» Gesprächsdetails zwischen Sessions und dem russischen Botschafter Sergei Kisljak oder inzwischen unzählige «falsch verstandene» Twittermeldungen des @RealDonaldTrump handelt: Der Präsident und sein Team befeuern gezielt eine Nebelwand aus Gerüchten, Dementis, Halbwahrheiten und bewussten Lügen, hinter der sie hoffen, sich vor dem wachsenden Zorn der amerikanischen Öffentlichkeit verstecken zu können.
Trump fährt eine Hochrisikostrategie. Weil er es nicht für nötig hielt, sein vom amerikanischen Wähler erhaltenes Amt und private geschäftliche Interessen sauber zu trennen, muss er sich keine fünf Monate nach seiner Amtseinführung inzwischen an gleich vier Fronten verteidigen.
Klage von 190 Abgeordneten
Die Generalstaatsanwälte des Bundesstaats Maryland und des District of Columbia haben den Präsidenten Anfang Woche wegen Korruption angeklagt. Als offizieller Besitzer seines Firmenimperiums soll er direkt von den Umsätzen des luxuriösen Trump International Hotel in Washington profitiert haben, die durch ausländische Delegationen etwa aus Saudi-Arabien rasant angestiegen sind.
Die gleiche Stossrichtung verfolgt eine Klageschrift von mehr als 190 demokratischen Abgeordneten. Sie werfen dem Präsidenten vor, die Arbeit des amerikanischen Rechnungshofs zu behindern. Ohne die gesetzlich festgeschriebenen «Checks and Balances», heisst es in dem Dokument, sei die amerikanische Demokratie in Gefahr.
Ärger in Florida
Auch sein Luxus-Golfresort Mar-a-Lago in Palm Beach im Bundesstaat Florida könnte Trump bald Ärger bereiten. Unmittelbar vor seiner Vereidigung im Januar verdoppelte der Club die Aufnahmegebühr auf 200'000 Dollar. Hier bewirtete der Präsident den japanischen Premier Shinzo Abe als seinen ersten Staatsgast. Wenige Wochen später begrüsste Trump dort auch den chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping und dessen Delegation. Um wie viele Steuerzahlerdollar reicher war er am Ende dieses Treffens unter Palmen? Auch zu dieser Frage ist mindestens ein juristisches Verfahren geplant.
Angesichts dieser Lage gewinnen die vom Weissen Haus nur halbherzig dementierten Gerüchte über eine mögliche Entlassung des Sonderermittlers Robert Mueller an Gewicht. Der ehemalige FBI-Chef wurde vom Stellvertretenden Generalbundesanwalt Rod Rosenstein zur Aufklärung der undurchsichtigen Kontakte des Trump-Wahlkampfteams zu Vertrauten des russischen Präsidenten Wladimir Putin eingesetzt. Doch inzwischen scheint es, als wolle der als unbestechlich geltende Mueller seine Ermittlungen ausweiten.
Schickt er den Sonderermittler in die Wüste?
Mit Michael Dreeben hat er einen der besten Strafrechtler in sein Team berufen. Der Wirtschaftsjurist Andrew Weissmann hat sich als erfolgreicher Ermittler gegen den Energiekonzern Enron und letztens erst gegen Volkswagen einen Namen gemacht. Der Anwalt James Quarles bringt seine Erfahrung aus den Ermittlungen gegen Präsident Richard Nixon mit. Dieses Team, schrieb Paul Rosenzweig in seinem «Lawfare Blog», sei «das Schlimmste, was Trump passieren konnte».
Wird es der Präsident wagen, Sonderermittler Mueller und seine Leute in die Wüste zu schicken, noch bevor ihre Arbeit richtig begonnen hat? Das Recht dazu hat er. Darin sind sich die Experten ebenso einig wie in der Beurteilung der Konsequenzen eines solchen Befreiungsschlags: Es wäre Donald Trumps bislang härtester Schlag gegen die amerikanische Demokratie.