US-Behörden haben letztes Jahr rund 1500 Kinder verloren, die keine Aufenthaltsbewilligung in den USA hatten. Diese Zahl sorgt derzeit in den sozialen Medien für Aufruhr, von links bis rechts nutzen Politiker den Skandal, um sich zu profilieren und ihre Agenda durchzusetzen. Doch was ist passiert?
Das «Department of Health and Human Services (HHS)» teilte mit, zwischen Oktober und Dezember 7635 Kinder bei sogenannten Sponsoren platziert zu haben. Diese Kinder haben die Grenze in die USA alleine, ohne die Begleitung ihrer Eltern, überquert, sagt die Behörde. Beim Nachzählen hätten 6075 der Kinder noch dort gewohnt, wo man sie erwartet hätte, 28 seien weggerannt, fünf über die Grenze geschickt worden und 52 hätten mit jemand anderem gewohnt. «Die anderen sind verlorengegangen», sagte ein Sprecher salopp. Macht insgesamt 1475 Kinder, von denen derzeit niemand weiss, wo sie sind.
Die grossen Wellen, die das Thema in den USA schlägt, sind verständlich. Allerdings wird es oft so dargestellt, als hätte die Behörde den Eltern ihre Kinder weggenommen. Was nachweislich nicht stimmt. Was dafür stimmt ist, dass die USA ihre Asylpraxis seit diesem Monat stark verschärft hat. US-Justizminister Jeff Sessions erklärte kürzlich, dass die USA seit Anfang Mai jeden strafrechtlich belange, der illegal in die USA einzureisen versuche. Egal, in welcher Situation sich die Person befinde. Denn die USA «kann nicht jeden aufnehmen, der ein Problem auf dieser Welt hat.» Wenn also Eltern ihre Kinder reinzuschmuggeln versuchen würden, würde man ihnen die Kinder wegnehmen. «Wer das nicht will, soll seine Kinder nicht illegal über die Grenze bringen», so Sessions. Auch wenn Eltern legal nach Asyl bitten, werden ihnen die Kinder weggenommen und müssen damit rechnen, verurteilt und kurz darauf deportiert zu werden.
Wie geschrieben, wurden die 1500 Kinder, um die es geht, nicht ihren Eltern weggenommen. Trotzdem werden die beiden Dinge – teilweise unabsichtlich, teilweise absichtlich – vermischt. Wie etwa von diesem ehemaligen US-Staatsanwalt.
Andere Promis nutzen die Gelegenheit, um Werbung für ihre Produkte zu machen:
Auch die Demokraten wollen das Thema für sich nutzen:
Natürlich darf da auch Donald Trump nicht fehlen, der dazu extra ein Gesetz erfand (es gibt kein Gesetz das besagt, man nimmt den Eltern die Kinder weg, sobald sie in den USA sind) und die Politik seiner Partei den Demokraten unterstellte. Irgendwie schaffte er es auch noch, seine Mauer unterzubringen, die wirklich nichts mit dem Thema zu tun hat.
Auch seine Tochter Ivanka machte nicht den besten Eindruck in den sozialen Medien. Etwas gar naiv postete sie am Sonntag ein Bild, auf dem sie ihren 2-jährigen Sohn knuddelt. Aller Mutterliebe zum Trotz: Zu einem einem Zeitpunkt, an dem die ungewisse Zukunft von 1500 Kindern das Thema in den USA ist, kaum eine gute Entscheidung.
Am Ende gewinnt in dieser Geschichte niemand. Nicht die Republikaner, deren harte Asylpolitik einmal mehr ins Kreuzfeuer gerät. Aber auch nicht diejenigen, die auf dem Rücken der Kinder ihre eigenen Kampagnen fahren wollen. Und schon gar nicht die Kinder, die in einem fremden Land sind, das sie bereits verloren hat.