Beim ersten grossen TV-Duell traf am Sonntagabend SPD-Bundeskanzler Olaf Scholz (66) auf CDU-Chef Friedrich Merz (69). Die Debatte, die auf ARD und ZDF ausgestrahlt wurde, verlief insgesamt ruhig und sachlich. Trotzdem wurden klare Differenzen zwischen den beiden Männern deutlich – und einer konnte das Studio mit klaren Vorteilen verlassen.
Bestes Merz-Zitat
«Wir haben in Ihrer Amtszeit weit über 2 Millionen irreguläre Migranten gesehen»: Das sagte Friedrich Merz zum amtierenden Bundeskanzler, nachdem Scholz seine Erfolge bei der Zuwanderungsfrage aufgelistet hatte. Damit konfrontierte Merz den Kanzler mit einer harten Realität, die er nicht abschütteln konnte.
Bestes Scholz-Zitat
«Das ist aus meiner Sicht ein Wortbruch und ein Tabubruch»: So kritisierte Scholz den CDU-Chef für sein Verhalten während der Migrationsdebatte vor anderthalb Wochen im Bundestag. Man könne sich deshalb nicht sicher sein, wie Merz bei in der Zukunft bei heiklen Situationen mit der AfD umgehen werde. Damit bediente Scholz das Unbehagen vieler Wähler gegenüber der Rechtspartei.
So gingen sie menschlich miteinander um
Der Umgangston war insgesamt respektvoll, obwohl sich die beiden in den letzten Wochen auch persönlich angegriffen hatten. Scholz hatte den CDU-Chef als «Fritze-Merz» bezeichnet, Merz hatte den Kanzler als «Leichtgewicht» betitelt. Beide betonten nun, dass sie dem andern solche Worte nicht übelnehmen.
Das war der härteste Angriff des Abends
Merz warf dem Bundeskanzler vor, die tatsächlichen Probleme der deutschen Industrie und der einfachen Leute zu verdrängen: «Deutschland ist im dritten Jahr der Rezession. Es gibt drei Millionen Arbeitslose bei 700'000 unbesetzten Stellen. 50'000 Unternehmen sind in ihrer Amtszeit in Deutschland in die Insolvenz gegangen. Aber Sie, Herr Scholz, sprechen davon, es gebe keine De-Industrialisierung. Mit welcher Wahrnehmung beschreiben Sie hier den Zustand unserer Wirtschaft? Das hat mit der Realität nichts zu tun.»
Hier konnte Merz punkten
Neben dem Wirtschaftsthema konnte Merz auch beim Umgang mit der AfD klare Kritik an Scholz' Regierungszeit anbringen: «Das Problem, was hier im Raum steht, ist die AfD. Sie war, als Herr Scholz angefangen hat, bei 10,3 Prozent. Jetzt hört Herr Scholz auf und sie liegt bei rund 20 Prozent.»
Hier konnte Scholz punkten
Beim Thema der zusätzlichen Ausgaben für die Bundeswehr konnte sich Scholz als geradlinig positionieren. Er räumte ein, dass die benötigten zusätzlichen 30 Milliarden für die Verteidigung nur mit Steuererhöhungen zu finanzieren seien. «Ich bin dagegen, dass den Bürgern hier etwas vorgemacht wird.» Als Merz davon sprach, die zusätzlichen Kosten durch Wirtschaftswachstum zu erhalten, nannte Scholz diesen Vorschlag «lächerlich».
Das gab zu reden
Olaf Scholz war in der Debatte stärker unter Druck. Gemäss den aktuellen Umfragen liegt die SPD mit rund 16 Prozent erst an dritter Stelle. AfD (22 Prozent) und CDU/CSU (29 Prozent) sind aktuell deutlich beliebter. Scholz zeigte sich in der Debatte aggressiver als Merz und fiel ihm häufiger ins Wort. Gleichzeitig argumentierte er technischer, während Merz stärker auf die Emotionen zielte. Am Schluss zeigte sich Scholz gar überzeugt, dass die SPD bei der Wahl erneut stärkste Kraft werde. Ob seine Debattier-Leistung allerdings eine solche Wende eingeleitet hat, darf bezweifelt werden – Merz landete emotional stärkere Treffer. Er geht also mit Vorteilen aus der Debatte.
Und trotz harter Töne ist das Tuch zwischen CDU und SPD nicht zerschnitten. Eine Koalition zwischen beiden Parteien scheint weiter möglich.
So geht es weiter
In den nächsten zwei Wochen werden Merz und Scholz noch sieben weitere Abende gemeinsam vor Fernsehkameras verbringen. Bereits am Mittwoch treffen die beiden Männer bei Sat.1 aufeinander, wo Schülerinnen und Schüler die Fragen stellen. Am Donnerstag werden Scholz und Merz dann gemeinsam mit Robert Habeck (55, Grüne) und Alice Weidel (46, AfD) im ZDF von Bürgern befragt. Später planen diverse Sender weitere Formate mit den Spitzenkandidaten. Letzter TV-Termin ist am 22. Februar ein «Bürger-Speeddating» bei ProSieben und Sat.1. Gewählt wird am 23. Februar.