So rettete Marius sein Leben
Fünf Meter über ihm lauert Breivik

Marius (18) klammert sich an eine Felswand auf Utøya. Über ihm lauert Anders Behring Breivik.
Publiziert: 14.05.2012 um 13:44 Uhr
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Aktualisiert: 09.10.2018 um 03:27 Uhr
Marius Hoft klammert sich an den Felsen. Die Bilder des schwedischen Fotografen Niclas Hammarström sind am «World Press Photo Award» ausgezeichnet worden.
Foto: Niclas Hammarström

Der 18-jährige Marius Hoft steht an einer Felswand auf der Insel Utøya. Sie ist nass und glitschig – sein bester Freund liegt tot wenige Meter unter ihm. Über sich hört er den Attentäter Anders Behring Breivik.

Marius schildert heute im Gerichtssaal in Oslo die schlimmsten Minuten seines Lebens. Zusammen mit seinem besten Freund Andreas Dalby Grønnesby hat er drei Tage auf der Insel verbracht. Doch das Wetter macht ihnen zu schaffen, ihr Zelt ist nass. Er fragt seinen Vater, ob er sie abholen komme.

Fast Breivik in die Arme gelaufen

Sie wollen sich auf den Weg zur Fähre machen, als sie Freunde dazu überreden wollen, doch noch zu bleiben. «Hätten sie uns nicht aufgehalten, wären wir auf Breivik gestossen», sagt Marius. Dieser erreicht in diesem Moment die Insel, eröffnet das Feuer auf die Jugendlichen.

Marius flüchtet mit seinem Freund Andreas Grønnesby in ein Wäldchen, Breivik verfolgt sie, schiesst auf sie. «Ich sah vor mir eine Kugel einschlagen», erinnert er sich. Sie treffen auf andere Jugendliche. Hoft und sein Freund klettern über einen Zaun, zur Klippe. Sie beschliessen, einige Meter die Wand hinunterzusteigen.

Andreas stürzt in den Tod

Über ihnen hören sie, wie Breivik sein Massaker fortsetzt. Plötzlich geschieht es: Andreas Grønnesby verliert den Halt, ruft noch «Marius!» und stürzt in die Tiefe. Er stöhnt noch, als er am Boden liegt, rutscht aber ins Wasser und bewegt sich schliesslich nicht mehr. Hoft muss alles hilflos mit ansehen. «Ich begann zu weinen, riss mich aber zusammen. Ich hatte Angst, dass Breivik mich hören würde.» Er habe sich befohlen, nicht zu weinen.

Über sich hört er Breivik, der ihn aber nicht sehen kann. Schliesslich ist er weg, wird später verhaftet. Wie lange Hoft dort oben stand, weiss er nicht. «Es müssen mehrere Stunden gewesen sein.» Seine Freunde glauben ihn schon unter den Opfern, einer schreibt «R.I.P.» auf seine Facebook-Pinnwand.

«Papa, ich habe schlimme Sachen gesehen»

Als er seinen Vater auf dem Handy erreicht, sagt er nur: «Hey Papa, ich lebe, aber ich habe schlimme Sachen gesehen.»

Hoft sagt zur Zeitung «VG» vor dem Prozess: «Ich freue mich auf den Tag, an dem er verurteilt wird. Er hat meine besten Freunde ermordet und muss bestraft werden.» (num)

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