Überflutungen und Erdrutsche im Süden Österreichs
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Alarmstufe Rot:Überflutungen und Erdrutsche im Süden Österreichs

Sorge wegen drohendem Erdrutsch
Jetzt fordert Slowenien Hilfe von der Nato an

In Slowenien und in Österreich haben heftige Unwetter grosse Schäden angerichtet. Seit mehreren Tagen besteht eine grosse Gefahr vor Hangrutschen. Auch am Montag bleibt die Lage kritisch. Slowenien fordert inzwischen gar Hilfe vond er Nato an.
Publiziert: 06.08.2023 um 10:30 Uhr
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Aktualisiert: 07.08.2023 um 13:11 Uhr
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Das slowenische Dorf Stahovica kämpft gegen die schlimmsten Überschwemmungen seiner Geschichte.
Foto: keystone-sda.ch

In Slowenien brach ein Damm zum Schutz vor Hochwasser am Fluss Mur. Allein in der Nacht zum Sonntag musste der Katastrophenschutz 230 Mal ausrücken – und das in insgesamt 186 Orten. Rund 500 Menschen mussten eilig aus dem Dorf Dolnja Bistrica in Sicherheit gebracht werden, berichtete das staatliche Fernsehen RTV Slovenija.

Weitere neun Ortschaften waren wegen des Dammbruchs an der Mur gefährdet, sagte der Kommandant des Katastrophenschutzes, Srecko Sestan. Per Helikopter habe man versucht, das mehrere Meter breite Loch am Damm mit Betonblöcken abzudichten.

Auch am Montag ist noch keine Besserung in Sicht. Die Feuerwehren verzeichneten in der Nacht zum Montag 57 Einsätze, vor allem in der Umgebung der Städte Murska Sobota und Slovenj Gradec im Norden des Landes. Wie die «Bild» berichtet, hat Slowenien gar die Nato um Hilfe gebeten. Demnach bittet das Land um 200 Soldaten, die Schutz-, Rettungs- und Hilfsaufgaben ausführen können.

In Österreich bleibt die Lage ebenfalls kritisch. In den Überschwemmungsgebieten im Süden Österreichs sanken am Montagmorgen der Nachrichtenagentur APA zufolge in den Bundesländern Kärnten und Steiermark in den besonders betroffenen Gebieten zwar die Wasserstände, andererseits bedrohten Erdrutsche Wohngebiete an mehreren Orten. Insgesamt mehr als 300 Menschen mussten in beiden Bundesländern wegen Erdrutschgefahr ihre Wohnungen verlassen.

Mehrere Dörfer abgeschnitten

Mehrere Dörfer waren seit Freitag von der Aussenwelt abgeschnitten. Die Bewohner wurden teils per Helikopter mit Trinkwasser und Lebensmitteln versorgt, teils versuchten Soldaten, zu Fuss in diese Orte zu gelangen. In der Gemeinde Ljubno ob Savinji an der österreichischen Grenze rissen Erdrutsche vier Häuser weg. An anderen Orten stürzten Brücken ein, Strassen und Bahnschienen standen unter Wasser.

Wegen eines befürchteten Erdrutschs im slowenischen Crna na Koroskem nahe der österreichischen Grenze seien Bewohner in mehreren Orten am Fluss Meza vorsichtshalber in Sicherheit gebracht worden, berichtete die slowenische Nachrichtenagentur STA am Samstagabend.

Schaden von 500 Millionen Euro

Der Katastrophenschutz meldete am Samstag innerhalb von 36 Stunden landesweit mehr als 3700 Einsätze. Menschen wurden gerettet, die sich auf Bäumen oder Hausdächern in Sicherheit gebracht hatten. Die Regierung schätze den Gesamtschaden auf voraussichtlich mehr als 500 Millionen Euro.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sicherte Slowenien Hilfe zu. Die Schäden im Adria-Land seien «herzzerreissend», twitterte sie. Der EU-Kommissar für humanitäre Hilfe und Krisenschutz, Janez Lenarcic, beriet am Samstag mit der Regierung in Ljubljana. Er nannte die drei wichtigsten EU-Fonds, bei denen Slowenien Hilfen beantragen könne: den europäischen Mechanismus zum Katastrophenschutz, den Europäischen Solidaritätsfonds sowie die europäische Krisenreserve für die Landwirtschaft.

Nach Angaben von Ministerpräsident Robert Golob sind zwei Drittel des Landes vom Hochwasser betroffen. Es seien die grössten Schäden einer Naturkatastrophe seit mehr als drei Jahrzehnten. Mindestens vier Menschen starben. Die Polizei prüfte, ob es einen Zusammenhang zwischen den Todesfällen und dem Unwetter gab.

Kroatien bleibt zunächst verschont

Das südliche Nachbarland Kroatien blieb entgegen ersten Befürchtungen von grösseren Überschwemmungen bewohnter Gebiete bis zum Samstagabend zunächst verschont. Eine klare Entwarnung gab es allerdings nicht. Wegen der erwarteten Flutwelle auf den Flüssen aus dem nördlichen Nachbarland Slowenien hatten Kroatiens Behörden mit Deichen aus Sandsäcken und stellenweiser Ableitung von Flusswasser vorgesorgt. Im nördlichen Nachbarland Österreich blieb die Lage angespannt.

In den südlichen österreichischen Bundesländern Kärnten und Steiermark hatten am Samstag nach neuen heftigen Regenfällen weitere Überschwemmungen gedroht. Mehr als 2500 Feuerwehrleute waren in jedem der Bundesländer im Einsatz, dazu Dutzende Soldaten. Weil Autobahnen und Ausweichstrassen teils wegen der Überschwemmungen gesperrt waren, kam es zu Staus auf den wichtigsten Transitrouten Richtung Kroatien.

Todesfälle nach Unwettern

Die slowenischen Behörden sprachen von sechs Toten im Zusammenhang mit den Unwettern und Überschwemmungen. Am Ufer der angeschwollenen Save in der Hautptstadt Ljubljana wurde am Samstag die Leiche eines Mannes gefunden. Am Vortag waren drei Menschen wahrscheinlich wegen der Unwetter ums Leben gekommen.

Zwei der Todesopfer sind niederländische Bergsteiger, die möglicherweise tödliche Blitzschläge beim Wandern erlitten hatten. Angaben zufolge handelt es sich dabei um Vater und Sohn im Alter von 50 und 20 Jahren. Über die Umstände ist bisher nichts bekannt. Welcher Nationalität die restlichen Todesopfer angehören, geht aus der Mitteilung nicht hervor.

Ministerpräsident Robert Golob zufolge habe das Adria-Land «die wahrscheinlich grössten Schäden durch eine Naturkatastrophe in der Geschichte des (seit 1991) unabhängigen Sloweniens» erlitten.

In Dravograd nahe der Grenze zu Österreich mussten nach einem Erdrutsch am Samstag 110 Menschen, darunter 30 Touristen, in Sicherheit gebracht werden. Dort drohte ein weiterer Erdrutsch. Der Ort liegt am Zusammenfluss der drei anschwellenden Flüsse Drau, Meze und Mislinje. Bürgermeister Anton Preksavec sprach von einer «Apokalypse wahrhaft biblischen Ausmasses», wie STA berichtete. Mindestens drei weitere Orte waren von Erdrutschen betroffen.

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Hänge gerieten ins Rutschen

Auch in Österreich haben die Überschwemmungen in Teilen des Landes am Sonntag ein erstes Menschenleben gefordert. Ein Velofahrer stürzte samt Velo in den Fluss Glan und ertrank. Er konnte später nur noch tot geborgen werden.

In einem südlichen Vorort der Hauptstadt von Kärnten, Klagenfurt am Wörthersee, musste ein Rückhaltebecken ausgepumpt werden, damit es nicht überläuft. In Lavamünd gerieten völlig durchnässte Hänge ins Rutschen und bedrohten Wohnhäuser. In Leibnitz in der Steiermark wurde ein Seniorenheim vorsorglich geräumt. In einer anderen Ortschaft wurden Menschen mit Booten aus ihren Häusern abgeholt und in Sicherheit gebracht. Im südlichen Burgenland hat sich die Lage nach den jüngsten Niederschlägen entspannt.

Weil Autobahnen und Ausweichstrassen teils wegen der Überschwemmungen gesperrt waren, kam es am Samstagmorgen zu Staus auf den wichtigsten Transitrouten für Kroatien-Reisende. Die Behörden empfahlen, Fahrten nach oder durch den Norden Sloweniens zu verschieben. (SDA)

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