Kim Jong Un modernisiert seine Propaganda-Maschinerie und setzt neu auf Youtube-Vlogs. Lange Zeit waren die Nachrichtensprecherinnen im Staatsfernsehen die einzigen, die das kommunistische Regime äusserst steif anpriesen. Jetzt will der 36-Jährige mithilfe einer lockeren und unaufgeregten Youtuberin dem Westen die heile Welt in Nordkorea schmackhaft machen.
Der Kanal heisst Echo DPRK (DPRK steht für den offiziellen englischen Namen des Landes: Democratic People's Republic of Korea) und zählt 8210 Abonnenten. Die Zahl der Video-Aufrufe bewegt sich seit der Lancierung im August 2017 meist im vierstelligen Bereich.
Un A besucht Düngerfabrik und joggt durch Pjöngjang
Seit November hat die Youtube-Seite ein neues Gesicht. Eine junge Frau namens Un A, die fliessend Englisch spricht und im Gegensatz zu den TV-Frauen mit Föhnfrisuren in traditionellen Trachten relativ authentisch wirkt. Sie zieht in einer Video-Serie durch Pjöngjang und präsentiert die Vorzüge der Stadt und des kommunistischen Regimes.
Egal ob ein Reisfeld, die Dünger-Fabrik, die auch Kim kürzlich besucht hatte oder ein Kleiderladen mit traditionellen Kostümen – Un A ist überall dabei. Sie joggt fröhlich durch die Stadt und spricht mit Studenten, die nach den wegen Lockdown verlängerten Semesterferien wieder zum Campus dürfen.
Lied der Hoffnung in Corona-Zeiten
Auch das Thema Coronavirus darf nicht fehlen. Im Februar erklärte die Youtuberin, welche Massnahmen Kim Jong Un unternommen hatte, um einen Ausbruch der Epidemie zu verhindern. Offiziellen Angaben zufolge zählt das asiatische Land null bestätigte Fälle.
In einem anderen Beitrag widmete sie den Leidenden rund um den Globus einen Song. «Der Fakt, dass wir frei von Covid-19 sind, bedeutet nicht, dass wir den Schmerz der anderen nicht sehen oder hören», sagte sie, bevor sie das Lied ins Mikrofon trällerte.
Volle Läden sollen westlichen Berichten entgegenwirken
Die Videos sollen auch dabei helfen, die westlichen Medien «zu entlarven». Im April besuchte die junge Frau ein Warenhaus, um zu überprüfen, ob noch genügend Lebensmittel vorhanden waren. Dies nachdem westliche Medien über Panikkäufe im Lande berichtet hatten.
Die scheinbar versteckte Kamera führt zunächst durch die Gänge eines Luxus-Supermarkts. Die vollen Regale sollen die Zuschauer davon überzeugen, dass in Nordkorea alles in bester Ordnung sei. Dann fragt sie eine Kundin, ob die Preise kürzlich gestiegen wären. «Nein, habe ich nicht gemerkt», antwortet die Frau. «Wir haben immer ausreichend Vorräte auf Lager», sagt auch eine Angestellte.
«Ich denke, Fake News sind das Letzte, was wir in der Zeit eines so erbitterten Kampfes mit Covid-19 brauchen, und das ist ein weiterer Grund, warum wir wachsam bleiben sollten», fasst Un A am Ende zusammen. Das Video wurde bisher über 25'000 Mal angeklickt. (man)